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Georg Renners Analyse zu Möglichkeiten um das Budgetdefizit auszugleichen.
Vergangene Woche habe ich an dieser Stelle um eure Fragen zum schwarz-rot-pinken Budget 2025/26 gebeten – und etliche von euch haben geantwortet. Im Wesentlichen sind es zwei Fragenkomplexe, die euch, meine geschätzten Leser:innen, bewegt haben. Erstens, ob es Daten zu dem Effekt gibt, den die nun stark gekürzten Förderungen für Klima- und Umweltprojekte auf Österreichs CO2-Bilanz und das Wirtschaftswachstum hatten; und zweitens, welche Möglichkeiten es für große Einsparungen gäbe.
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Heben wir uns die Frage nach den Öko-Förderungen für die kommenden Wochen auf – und schauen uns heute die „großen Brocken“ an, weil das doch deutlich näher am gerade präsentieren Budget ist.
Konkret hat Leser Wolfgang H., unzufrieden unter anderem mit den Ausgaben für Migrant:innen und Parteiförderungen kritisiert, „dass seriöse Medien sich beständig weigern, radikale Ausgabenkürzungen auch nur spielerisch durchzudenken“, immerhin könnte man ja etwa „1000 Staatsdiener entlassen“, oder ähnliches.
Das lasse ich ungern auf mir sitzen – ich werde gern einige Szenarien mit massiven Einschnitten durchspielen.
18 Milliarden Euro Defizit
Also, schauen wir uns das genauer an: Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) plant im Bund für heuer wie besprochen Einnahmen von 105 Milliarden Euro, denen Ausgaben von 123 Milliarden Euro gegenüberstehen – somit ein Defizit von rund 18 Milliarden Euro. Hier noch einmal die Ausgabenübersicht von voriger Woche, zur Erinnerung:
Was da ins Auge sticht wäre der größte denkbare Einzelschnitt: Würde der Bund seinen Zuschuss zur Pensionsversicherung streichen – 19,5 Milliarden Euro – wäre das Budget auf einen Schlag saniert.
Pensionsversicherungen
Lassen wir verfassungsrechtliche Fragen dazu einmal beiseite – der Verfassungsgerichtshof hat ja festgehalten, dass „wohlerworbene Rechte“, etwa solche durch berufslebenslange Einzahlungen, nicht von heute auf morgen weggekürzt werden können – und werfen lieber einen Blick in das statistische Handbuch der Sozialversicherungen und das jüngste Gutachten der Alterssicherungskommission: Demnach werden die Bundeszuschüsse heuer rund 27,7 Prozent der Einnahmen der gesetzlichen Pensionsversicherungen ausmachen, die ihre Leistungen an rund 2,6 Millionen Menschen auszahlen.
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Einfach Politik.
Innenpolitik-Journalist Georg Renner über Österreichs Politiklandschaft.
Unterm Strich heißt das: Eine Streichung des Bundesbeitrags würde die Pensionen um mehr als ein Viertel reduzieren, zumindest wenn man keine komplexeren Anpassungen setzt, also etwa die Höhe der Ausgleichszulage („Mindestpension“) mitzieht. Heuer liegt die gesetzliche Durchschnittspension über alle Träger bei rund 1660 Euro im Monat pro Pensionist:in, bei einer Kürzung um 27,7 Prozent würde sie bei 1200 Euro liegen.
Verwaltungsdienst
Kommen wir zu einer anderen Variante; jener, die Herr H. vorgeschlagen hat: „1000 Staatsdiener entlassen“. Ich habe hier ja schon einmal ein bisschen etwas darüber geschrieben, wo unsere schöne Republik Mitarbeiter:innen einsetzt; hier noch einmal zur Erinnerung die Aufteilung der Bundesbediensteten:
Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass wir bei Polizei, Schulen, Gerichten und Heer eher keine Abstriche machen wollen. Aber nehmen wir den allgemeinen Verwaltungsdienst her, wo alles andere passiert – Großteils die Verwaltung der Staatsfinanzen, aber auch die Arbeit in den anderen Ministerien von Verkehr über Äußeres bis zur Landwirtschaft.
Wie schon besprochen ist Österreich da vergleichsweise effizient mit einem Anteil unter dem OECD-Schnitt. Aber nehmen wir für unser Gedankenexperiment einmal an, wir würden die Hälfte aller Mitarbeiter:innen im Verwaltungsdienst streichen. (Ich hielte das für katastrophal, aber der Rechnung halber nehmen wir einmal an, das ginge so leicht.)
Wir sprechen da von rund 23.000 Vollzeitäquivalenten. Gemäß der statistischen Erfassung „Das Personal des Bundes“ liegt das mittlere Jahreseinkommen im Verwaltungsdienst Stand 2023 bei 46.109 Euro brutto. Heißt: Würden wir diese Hälfte aller Verwaltungsbediensteten des Bundes einsparen, würde das eine Ersparnis von knapp über einer Milliarde Euro bringen – allerdings ohne die Nebeneffekte einer so drastischen Maßnahme einzurechnen, etwa die entfallenden Sozialleistungen und die Tatsache, dass wir plötzlich Zehntausende Arbeitssuchende mehr hätten. Das macht also gerade einmal sechs Prozent unseres heurigen Defizits gut.
Migration
Noch ein letztes Gedankenexperiment: Was wäre, wenn wir – auch das ein Vorschlag von H. – die Ausgaben für Migration, oder zumindest jene für Asyl radikal kürzen würden? Nun, das würde kurzfristig wohl tatsächlich eine Ersparnis bringen, wie aus einem Studienbericht von Eco Austria hervorgeht:
Rund 2,5 Milliarden Euro machen die Ausgaben für unter dem Asyltitel seit 2015 ins Land gekommenen Migrant:innen heuer etwa aus, den Großteil unter den Posten Bildung und Gesundheit. Nur: das lässt außer Acht, dass diese Migration der Republik auch Einnahmen bringt, an Steuern, Sozialabgaben usw.
Selbst, wenn man die Annahmen von Eco Austria, das heuer mit einem „break even“ rechnet, also dass die Migration der vergangenen Jahre 2025 erstmal genau so viel einbringt, wie sie kostet, nicht zu 100 Prozent teilt: Dass hier Milliarden einzusparen wären, lässt sich beim besten Willen nicht belegen.
Wir sehen an diesen drei Beispielen: 18 Milliarden Euro sind eine Menge Geld – und dass es den einen großen Schnitt geben könnte, der das Budget auf einmal saniert, ist sowohl politisch als auch rechtlich eine Illusion.
Zum Beitrag über das Budget von letzter Woche:
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Infos und Quellen
Genese
Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.
Quellen
- Eco Austria: Ökonomische und fiskalische Effekte der Asyl- und Vertriebenenmigration
- Österreichische Sozialversicherung: Statistisches Handbuch der österreichischen Sozialversicherung
- Alterssicherungskommission: Gutachten über die voraussichtliche Gebarung der gesetzlichen Pensionsversicherung in den Jahren 2024 bis 2029