Die Immobilienpreise sind in den vergangenen zwei Jahren gesunken, doch strenge Kreditregeln machten den Traum eines Eigenheims für viele unerreichbar. Jetzt wird die Finanzierung erleichtert. Aber auch die Preise steigen wieder.
Es scheint nur Gewinner:innen zu geben: Nach drei Jahren sind die strengeren Kreditvergaberichtlinien für Immobilien wieder Geschichte. Banken und Bauwirtschaft feiern das Ende der sogenannten KIM-Verordnung, für das sie zwei Jahre lang gekämpft haben. Die „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung” war im August 2022 in Kraft getreten, um Banken vor Kreditausfällen zu schützen. Die von der Finanzmarktaufsicht erlassene Regelung sieht vor, dass Kreditnehmer:innen mindestens 20 Prozent Eigenkapital aufbringen müssen und die Kreditrate monatlich nicht mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens überschreiten darf.
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Sicherheitsmaßnahme für Banken brachte Immobiliencrash
Diese Vorgabe war nicht nur für Menschen, die nicht genug Eigenmittel aufbringen können, unerreichbar: Auch Haushalte, die über ausreichende Eigenmittel verfügen, scheiterten zum Teil an der Höhe der monatlichen Belastung. Die Folge: Der Immobilienmarkt brach ein, Banken machten weniger Kreditgeschäfte, und damit geriet auch der Wohnbau in eine Krise. Doch die KIM-Verordnung hat ihr Ziel erreicht: Sie habe die Risiken in der Wohnbaufinanzierung reduziert, begründete das Finanzmarktstabilitätsgremium Anfang Dezember die Entscheidung, die Verordnung mit 30. Juni 2025 auslaufen zu lassen. Mit anderen Worten: Die Kreditvergabe wurde so streng gehandhabt, dass hohe Ausfälle für die Banken nicht mehr zu befürchten sind.
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Was aber bedeutet diese kommende Veränderung für alle, die ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen? Theoretisch wird die Finanzierung der eigenen vier Wände ab der zweiten Jahreshälfte 2025 wieder einfacher. Hinzu kommt, dass die Europäische Zentralbank in den vergangenen Monaten den Leitzins gesenkt hat. Als Konsequenz werden langfristig auch die Kreditzinsen sinken, was den Immobilienkauf ebenfalls günstiger macht. Eine Niedrigzinsphase, wie wir sie vor der Zinswende im Juni 2022 erlebt haben, wird es laut Prognosen in naher Zukunft jedoch nicht geben.
Nachfrage bei Einfamilienhäusern
Noch schwächelt der Immobilienmarkt weiterhin. Laut RE/MAX-Immospiegel sind die Transaktionen im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17,8 Prozent zurückgegangen, gegenüber dem Allzeithoch von 2021 sogar um 37,6 Prozent. Der Transaktionswert war mit 13,37 Milliarden Euro um 19,4 Prozent niedriger als im ersten Halbjahr 2023. Das liegt nicht nur daran, dass weniger Immobilien ihre Eigentümer:innen wechselten, sondern auch daran, dass die Preise gesunken sind. Von 2022 auf 2023 sind die Preise für Wohnimmobilien in Österreich laut Statistik Austria durchschnittlich um 2,6 Prozent gesunken. Im ersten Halbjahr 2024 lagen sie um 1,8 Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Sowohl die Auswertungen von RE/MAX als auch von Statistik Austria zeigen: Günstiger werden nur bestehende Wohnungen und Häuser, bei Neubauobjekten steigen die Preise weiter.
Das reale Geldvermögen verringert sich
Die Zeit für günstige Immobiliendeals könnte bald vorbei sein, das Maklerunternehmen RE/MAX sieht in seinem Bericht die Talsohle erreicht. Bei Einfamilienhäusern sei nur noch ein leichter Rückgang der Transaktionen zu verzeichnen. Allerdings könnten andere Faktoren den Optimismus von Banken und Immobilienwirtschaft trüben: Zwar erreichte das Geldvermögen der privaten Haushalte laut Oesterreichischer Nationalbank im Juni mit 872,1 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert, die hohe Inflation führte aber zu einem realen Verlust des Geldvermögens – nach zehn Prozent im Jahr 2022 und rund fünf Prozent 2023 betrug dieser im ersten Halbjahr 2024 0,7 Prozent. Erschwerend hinzu kommt die steigende Arbeitslosigkeit aufgrund der Wirtschaftskrise.
Grundsätzlich wird der Traum vom Eigenheim durch die Lockerung der Kreditvergabe und die sinkenden Zinsen wieder realistischer. Dies könnte aber auch mit steigenden Immobilienpreisen einhergehen, wenn die Nachfrage wieder anzieht. Die Unsicherheit am Arbeitsmarkt wiederum könnte viele Haushalte vor größeren Investitionen zurückschrecken lassen.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
Im ersten Halbjahr 2024 ging der Immobilienerwerb laut RE/MAX um 17,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück.
Die umstrittene KIM-Verordnung, die strengere Auflagen bei der Vergabe von Wohnbaukrediten brachte, ist ab Mitte 2025 nicht mehr gültig.
Die Preise für bestehende Häuser und Wohnungen sinken, die Preise für neue Objekte steigen hingegen weiter.
Quellen
Finanzmarktaufsicht: FMA erlässt Verordnung für nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien (KIM-VO)
Finanzmarktstabilitätsgremium: Aussendung zum Auslaufen der KIM-Verordnung
remax.de: RE/MAX-Immospiegel 1. Halbjahr 2024
Statistik Austria: Immobilienpreise 2023
Statistik Austria: Immobilienpreise 1. Halbjahr 2024