PodcastWie Hollywood über Amerikas Kriege erzählt, bestimmt seit Jahrzehnten auch das Pentagon mit und stellt dafür beispielsweise Drehorte und Soldat:innen als Statist:innen zur Verfügung.
Vor einigen Wochen saß ich zu später Stunde vor dem Fernseher. Streaming, warum nicht? „Top Ten“ in Österreich und Deutschland. Klar, let’s do it! Da lässt sich sicher etwas Gutes finden. Sofort fiel mir „The Terminal List: Dark Wolf“ auf. Die Amerikaner jagen Terroristen. Wieder einmal. Aber immerhin spielt der charismatische und leider viel zu wenig bekannte Taylor Kitsch diesmal die Hauptrolle.
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Erfolgsrezept mit militärischer Unterstützung
„Dark Wolf“ ist ein Prequel zur gleichnamigen Hauptserie mit Chris Pratt. Als sie erschien, sah ich mir alle Folgen an, obwohl die Serie in vielerlei Hinsicht grottenschlecht ist. Als jemand, der Amerikas Kriege seit Jahren journalistisch begleitet, pflege ich meist ein kritisches Verhältnis zu Hollywood und dem US-Militär. Denn egal, wie cool und draufgängerisch viele dieser Streifen sind: Fast immer sind sie durchtränkt mit Propaganda, Ignoranz und rassistischen Stereotypen. Und auch das US-Militär profitiert extrem, weshalb derartige Produktionen oftmals vom Pentagon mitsubventioniert werden. Doch als „The Terminal List“ erschien, war der Erfolg trotzdem groß.
Auf Reddit und YouTube zelebrierten viele Zuschauer:innen die Serie, weil sie endlich mal „unpolitisch“ und „nicht woke“ sei. Immerhin hätten Netflix und Co. jahrelang versucht, unsere Gehirne zu waschen mit liberalen Ideen. Queere, schwarze oder muslimische Protagonist:innen, die hier und da ihre Realitäten verdeutlichen? Please, fuck off! Wir wollen wieder den gewohnten Rambazamba und heroische, weiße Soldaten, die einfach nur die bösen Buben mit meist arabischen Namen jagen. Obwohl der Plot von „Terminal List“ einen Twist hat, wurde die Serie in erster Linie nur deshalb erfolgreich. Und zugegeben, auch ich schaltete nur ein, weil ich mich zur Abwechslung einfach nur berieseln lassen wollte.
Propaganda im Serienformat
Doch wer denkt, dass Serien und Filme, in denen der Fokus auf dem US-Militär liegt, frei von politischen Botschaften sind, könnte nicht falscher liegen. Dies macht auch „Dark Wolf“ deutlich, denn hier werden hauptsächlich auf österreichischen (!) Straßen feindliche Agenten, meist Iraner, von CIA und Mossad gejagt. Die beiden Geheimdienste interessieren sich dabei, der aktuellen Realität entsprechend, weder für Völker- und Menschenrecht. Es wird gefoltert und getötet. Die Welt ist ein Schlachtfeld ohne Regeln und das völlig in Ordnung zu sein, denn manchmal bekommen die Terroristen nur so ihre verdiente Strafe. Der israelische Geheimdienst ist cool und hyperfortschrittlich mit seinen Agent:innen, die Hacking-Skills und Attentatsmethoden gleichermaßen beherrschen und vor allem gegen bärtige Männer aus Nahost anwenden. Der einzige Fortschritt im Vergleich zu früheren Produktionen: Immerhin gibt es nun echte, iranischstämmige Schauspieler, die gutes Farsi sprechen, während sie die Bösen spielen. Doch ironischerweise kamen dabei ausgerechnet Österreicher:innen und Deutsche zu kurz: Die wenigen deutschen Sätze, die man auswendig gelernt hat, klingen schwerfällig und roboterhaft. An den Umstand, dass militaristische Hollywoodstücke, die Krieg, Unordnung und Völkerrechtsbrüche zelebrieren, wieder in Mode kommen, müssen wir uns trotzdem gewöhnen. „Dark Wolf“ beginnt im Irak. Dass Washington dort einen illegalen Krieg anzettelte, der die Region bis heute heimsucht, wird kaum erwähnt. Dass viele Kriegsverbrechen kaum aufgearbeitet werden, ebenso wenig.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
- „The Terminal List“ und „The Terminal List – Dark Wolf“ sind millionenschwere Produktionen von Amazon Prime. Die Beziehung zwischen dem Pentagon und der US-Filmindustrie ist seit fast einem Jahrhundert eng. Für Produktionen stellt das Pentagon Militärgerät, Drehorte, Berater:innen sowie Statist:innen, etwa Soldat:innen, zur Verfügung. Im Gegenzug bekommt es viel Mitspracherecht an Drehbüchern und ein gutes Image im Allgemeinen, was unter anderem zu einem Anstieg von freiwilligen Rekrut:innen führen kann. Szenen, in denen das Militär schlecht wegkommt, werden deshalb meist gestrichen oder stehen erst gar nicht im Raum.
- Hollywood macht unter anderem auch aus Kostengründen dabei mit. Die Miete für schweres Militärgerät würde ohne Kooperation schnell im Millionenbereich liegen und wäre für viele Studios nicht bezahlbar. Bekannte Filme wie „Top Gun“, die Transformers-Reihe oder gar Marvels „Iron Man“ wären ohne die Unterstützung des US-Militärs nicht entstanden. Im Fall des Kultstreifens „Top Gun“ mit Tom Cruise war nach der Premiere ein Anstieg der Rekrutierungen messbar. Es gibt allerdings auch viele amerikanische Filme, die das US-Militär kritisch behandeln und deshalb nicht vom Pentagon gefördert werden. Prominente Beispiel hierfür sind etwa „Jarhead“ oder „Apocalypse Now“. Laut aktuellem Kenntnisstand wurden weder „The Terminal List“ noch „The Terminal List: Dark Wolf“ direkt vom US-Militär unterstützt. Der mögliche Grund: Beide Serien waren trotz allem zu „kritisch“. Aus der Sicht unseres Autors gibt es dennoch viel Propaganda, die hinterfragt werden sollte.
Quellen
- U.S. Department of War: How & Why DOD Works With Hollywood
- The University of Queensland: Theaters of War: How the Pentagon and CIA Took Hollywood
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