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Wer Drogen konsumiert, scheidet die Beweismittel unweigerlich aus. Wertvolle Informationen für Herbert Oberacher, analytischer Chemiker und Leiter der österreichischen Abwasserstudie – exklusiv im WZ-Interview.
Im Verborgenen der Kanalisation verbirgt sich die ungeschönte Wahrheit: Jeder Drogenkonsum hinterlässt seine Spuren. Die illegalen Substanzen fließen am Ende unweigerlich in die Kläranlagen – und werden dort zu wertvollen Daten für die analytische Chemie. Eine Wissenschaft deckt Geheimnisse auf.
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Das weiß auch Herbert Oberacher, der vor knapp zehn Jahren das landesweite Drogenmonitoring auf die Beine stellte. Oberacher ist analytischer Chemiker am Institut für Gerichtliche Medizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Er gilt als Experte für Epidemiologie und Massenspektrometrie. Besonderes Interesse bekam sein Abwasser-Monitoring auch während der Corona-Pandemie.
Die WZ hat exklusiv mit Oberacher über die aufschlussreichen Erkenntnisse von Drogen im Abwasser gesprochen.
Das Monitoringprogramm ist über die Jahre gewachsen. Was die Abdeckung betrifft, gibt es natürlich immer Luft nach oben. Aktuell fällt noch das Burgenland raus, aber auch in Niederösterreich und Oberösterreich wäre das Monitoring an der Grenze zu Tschechien sehr wichtig. Mit Ausnahme von Linz haben wir aktuell die größten Ballungszentren recht gut abgedeckt. Insgesamt erwischen wir gut 39 Prozent der Bevölkerung. Das gibt uns ein doch sehr aussagekräftiges Bild über den Drogenkonsum in Österreich.
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Infos und Quellen
Genese
Für die Geschichte Drogen im Abwasser: Viel Schnee in Tirol interviewte der Autor Herbert Oberacher, den Leiter des österreichischen Abwasser-Monitorings. Da es nicht alle Aspekte in den obigen Artikel geschafft haben, wurde das Interview als eigener Artikel veröffentlicht.
Gesprächspartner
Herbert Oberacher ist promovierter analytischer Chemiker an der Universität Innsbruck. Seit 2003 arbeitet er am Institut für Gerichtliche Medizin. Er leitet dort das forensisch-toxikologische Forschungslabor und ist seit 2020 auch für das Corona-Monitoring zuständig. Als Autor und Co-Autor veröffentlichte er über 120 Forschungsarbeiten und er hält drei Patente. 2011 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt.
Daten und Fakten
- Die neuesten von der Drogenagentur der Europäischen Union (EUDA) veröffentlichten Daten stammen aus 133 Städten in 29 europäischen Ländern. Zur Erhebung der Daten wurden Abwasserproben über einen Zeitraum von einer Woche zwischen März und Mai 2024 analysiert. Es wurden Abwasserproben von etwa 68,8 Millionen Menschen analysiert. In Österreich findet die Messung bei 17 Kläranlagen statt.
- Europaweit betrachtet steht Österreich im Mittelfeld. In Europa sind die Zentren, wo viele Drogen konsumiert werden, in den Beneluxstaaten zu finden. Oberacher betont jedoch, dass der österreichische Drogenmarkt ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden darf. Ein gewisser Teil der Bevölkerung konsumiert regelmäßig. Im europäischen Vergleich sei das jedoch nicht außergewöhnlich – laut Oberacher besteht kein Grund zur Panik, man müsse jedoch auf Präventionsmaßnahmen setzen.
- Ein:e durchschnittliche:r Österreicher:in konsumiert im Schnitt täglich etwas mehr als ein Glas Wein, raucht ungefähr drei bis vier Zigaretten, konsumiert ungefähr 0,07 Joints und rund 1,5 Milligramm an aufputschenden Drogen, hauptsächlich Kokain.
- Bei manchen Substanzen wird im Labor die Substanz selbst gemessen, etwa bei MDMA, Amphetamin und Methamphetamin, sie werden direkt ausgeschieden. Bei Cannabis wird THC-Carbonsäure gemessen, ein Stoffwechselprodukt.
- Bei Kokain wird das Abbauprodukt Benzoylecgonin gemessen. Es entsteht in der Leber und wird anschließend ausgeschieden.
Quellen
- Die Daten wurden vom Urban Journalism Network (UJN) in Zusammenarbeit mit dem Tagesspiegel Innovation Lab bereitgestellt
- Drogenagentur der Europäischen Union (EUDA)
Das Thema in der WZ
Das Thema in anderen Medien
- Tagesspiegel: Wo am meisten Kokain und Speed konsumiert werden
- ZIB 1: Kufstein führt bei Kokain, Wien bei Cannabis
- Der Standard: Speed in Ried, Kokain in Kufstein: Abwasseranalysen enthüllen österreichische Drogenhotspots
- Kurier: Drogenkonsum: In Wien wird am meisten gekifft, im Westen am meisten gekokst
- Kleine Zeitung: Abwasser-Analyse zeigt: Das sind die Drogen-Hotspots in Österreich
- Die Presse: Abwasser-Analyse: Nirgendwo wird mehr gekokst als in Kufstein