Ich möchte nicht mehr darüber schreiben, wie man richtig schenkt.
Seit Stunden denk ich mir, ich muss eine Kolumne über Weihnachten schreiben – wie man umweltfreundlich schenkt, zum Beispiel. Aber ganz ehrlich: Seit Jahren schreiben da so viele darüber, schreibe auch ich darüber, es hängt mir inzwischen beim Hals raus. Weil es mir einfach wurscht ist. Je kommerzieller Weihnachten wird, desto weniger mag ich es.
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Parfüms und Handyverträge
Früher fand ich es noch witzig: Kaum war Dezember, wurden mir überall Handyverträge und Parfümwerbungen angezeigt. Bis ein Ex mich darauf hinwies, war es mir nie aufgefallen. Seit Social Media kommen auch inflationär die so rrrrrichtig unnötigen Plastik-Graffln wahlweise für Bad oder Küche ins Angebot. Ich mein, Dosen, die man in Dosen reinsortieren kann. Dringend braucht man sowas. Was aber immer klar war und immer schlimmer wird: Weihnachten ist Kommerz. Und das wird immer mehr.
Auch hier in Wien fallen mir unendlich viele Beispiele auf, jeden einzelnen Tag:
Aus einem mir unerfindlichen Grund sind Wiens Christkindlmärkte, auf denen man sich mit minderwertigem Punsch zu menschenrechtsverletzenden Preisen den Magen verpicken kann, auf irgendwelchen touristischen Empfehlungslisten gelandet – womit auch das Gedränge jedes Jahr schlimmer wird. Ja die Tourist:innen lassen Geld in der Stadt, und wir sollten uns freuen drüber. Meine Freude an Christkindlmärkten steigert es halt nicht rasend.
Kauf mich – mit Nikolomütze!
Auch auf Einkaufsstraßen werde ich förmlich von den Auslagen angebrüllt, dass ich meine Wertschätzung für meine Lieben in Dingen zu zeigen habe. Egal, ob Schmuck, Mode, Elektrogeräte, Hundeleinen oder Duschgel – die brüllenden „KAUF MICH JETZT ICH BIN IM WEIHNACHTSSUPERSONDERANGEBOT“-Schilder tragen jetzt lustige Nikolomützen.
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Ich wünsch mir nur eines, wenn ich mitten auf der Mahü stehe: das Geld, das die gesamte Weihnachtsbeleuchtung in Wiens Straßen an Strom kostet. Ja, sorry, vielleicht und unter Umständen und eventuell bin ich eine wienerische Reinkarnation von Grinch, aber: Wer braucht das? Ich versteh schon, es ist grad der dunkelste aller Monate, und rein aus der Geschichte heraus war Weihnachten immer wichtig, um die Menschen mit Licht und Wärme bei Laune zu halten. Seh ich ein. Mir ist‘s halt inzwischen ein bisschen zu hell geworden.
Haarreifen mit Rentierhörnern?!
Und dann auch in den Geschäften: Jedes Jahr werden es mehr weihnachtsspezifische Produkte. Haarreifen mit Zuckerstangen oder Rentierhörnern, weihnachtliche Schreibsets mit kleinen Tannenbäumen drauf, Vasen in Stiefelform. Weihnachtsbehang überall. Man stellt ja heutzutage den Christbaum schon Anfang Dezember auf und überrascht nicht erst am 24. die Kinder damit, so wie ich es gelernt habe.
Apropos Kinder. Die 13-jährige Freundinnentochter erzählte mir letztens einen Witz: Warum glauben Kinder in Asien nicht an den Weihnachtsmann? Weil sie die Geschenke machen.
Ja, haha, was haben wir gelacht. Aber ein bisschen ein Ansporn sollte der Witz uns schon sein: Nicht jeder muss so ein Weihnachtsgrinch sein wie ich. Mich kotzt der Kommerz an, andere mögen das Glitzern und Klingeln. Soll sein. Aber es wäre schön, wenn man im Geschenkewahnsinn nicht darauf vergisst, wo und wie etwas hergestellt wurde. Oder einfach nur Zeit schenkt. Davon haben wir eh alle zu wenig.
Verdammt, jetzt ist es doch noch ein Tipp für umweltfreundliches Schenken geworden. Frohe Weihnachten euch allen!
Nunu Kaller schreibt alle zwei Wochen eine Kolumne zum Thema Nachhaltigkeit. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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