Kein Tag vergeht ohne das Thema Zoll in den Schlagzeilen. Diese Steuerform ist ein Mittel, um die regionale Wirtschaft anzukurbeln, kann aber auch schaden.
Mehr als 3.000 Euro: So viel könnte ein iPhone in den USA künftig kosten, wenn im aktuellen Zollstreit keine Lösung mit niedrigeren Zöllen gefunden wird. Diese Zahl zeigt, dass Zollerhöhungen zunächst die Preise in die Höhe treiben - und sich dann auf die Wirtschaft auswirken.
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Die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump, die alle Handelspartner im großen Stil treffen könnte, verdeutlicht erstmals die Rolle von Zöllen als politisches Instrument. Doch wie funktionieren sie eigentlich und welchen Nutzen haben sie?
Steuern für die heimische Wirtschaft
Ein Zoll ist eine Steuer, die bei der Einfuhr von Waren zu entrichten ist. Diese Steuer wird entweder als Prozentsatz des Warenwertes oder als absoluter Wert festgelegt. Der Importeur, also die Person oder Organisation, die die Waren einführen lässt, muss den Zoll an die zuständige Behörde des jeweiligen Landes zahlen. Im Fall des iPhones ist der Importeur beispielsweise Apple, da das Unternehmen das Smartphone hauptsächlich in China, aber auch in Indien produzieren lässt.
Innerhalb der EU werden keine Zölle auf den Warenhandel erhoben, sondern nur bei der Einfuhr aus Drittstaaten. 75 Prozent der Zolleinnahmen fließen nach offiziellen Angaben des EU-Rates in den EU-Haushalt, damit machen die Zölle 13,7 Prozent des EU-Budgets aus. Hauptziele der Einfuhrzölle sind laut Europarat die Förderung lokaler und regionaler Unternehmen sowie der Schutz vor unlauterem Wettbewerb. Das österreichische Finanzministerium sieht in Zöllen auch eine Form der Überwachung des internationalen Warenverkehrs. Theoretisch klingt diese Form der Besteuerung also nach einer sinnvollen Maßnahme, um die heimische Wirtschaft anzukurbeln.
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In der Praxis sind die Regeln jedoch sehr unterschiedlich - und werden, wie im aktuellen Fall der USA, auch als Druckmittel eingesetzt. Die EU hat zum Beispiel 44 Abkommen mit Handelspartnern, die den Import und Export in und aus verschiedenen Regionen erleichtern sollen. Ein solches Abkommen versucht die EU derzeit auch mit den USA auszuhandeln. US-Präsident Donald Trump ließ selbst schon anklingen, dass Zölle ein gutes Verhandlungsinstrument seien.
Auch lokale Waren könnten teurer werden
Die neue Handelspolitik soll dafür sorgen, dass wieder mehr in den USA selbst produziert wird und ausländische Unternehmen investieren. Die Angst vor exorbitanten Zöllen hat einige internationale Konzerne bereits zu entsprechenden Maßnahmen veranlasst. So hat der Schweizer Pharmakonzern Roche angekündigt, in den nächsten fünf Jahren bis zu 50 Milliarden US-Dollar in US-Standorte zu investieren und damit 12.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Wie berichtet, zählen pharmazeutische Produkte zu den wichtigsten Import- und Exportgütern. Der taiwanische Halbleiterhersteller TSMC will sogar 100 Milliarden US-Dollar investieren, und das Weiße Haus führt inzwischen auf seiner Website eine Liste mit geplanten Projekten für den Wirtschaftsstandort.
Doch Ökonom:innen warnen vor dem, was passiert, bevor diese neuen Produktionsstätten stehen: Importeur:innen geben die erhöhten Zölle als Preissteigerungen an die Endverbraucher:innen weiter. Und so könnte es eben zu einem 3.000-Euro-iPhone kommen. Was Trumps neue Zollpolitik bewirken könnte, zeigt ein Beispiel aus seiner ersten Amtszeit: Damals führte der US-Präsident einen Zoll von 50 Prozent auf Waschmaschinen aus dem Ausland ein. Im ersten Jahr nach Inkrafttreten sanken die Importe von Waschmaschinen um 33 Prozent und blieben bis 2023 unter dem Niveau vor Einführung des Zolls. Allerdings stiegen die Preise für Waschmaschinen in diesem Zeitraum um 34 Prozent. Eine weitere Studie des American Economic Review ging davon aus, dass durch die Maßnahme 1.800 Arbeitsplätze geschaffen wurden, die US-Bürger:innen aber jährlich 1,5 Milliarden US-Dollar mehr für die Haushaltsgeräte zahlten. Dieses Beispiel zeigt, dass auch in den USA hergestellte Produkte bei einer solchen Zollpolitik teurer werden, da die Nachfrage bei lokalen Herstellern steigt.
„Zölle sind Steuern, die Unternehmen und Verbrauchern nur schaden”, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Anfang April als Reaktion auf Trumps globale Zolleinführung. Diese wurden vorerst für 90 Tage ausgesetzt, und in dieser Zeit versucht die EU jetzt, ein Freihandelsabkommen mit den USA zu vereinbaren. Die Weltwirtschaft beginnt währenddessen schon zu wackeln, der Internationale Währungsfonds hat seine Konjunkturprognose für 2025 aufgrund des Zollstreits nach unten korrigiert. Eine globale Rezession erwartet die Institution nicht, in Österreich könnte die Wirtschaft aber auch dieses Jahr schrumpfen.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
- Einnahmen aus Zöllen machen 13,7 Prozent des EU-Budgets aus.
- Der Internationale Währungsfonds rechnet wegen des Handelskonflikts damit, dass die Weltwirtschaft 2025 nur noch um 2,8 Prozent statt wie bisher angenommen um 3,3 Prozent wachsen wird.
- Nach dieser Konjunkturprognose würde die US-Wirtschaft besonders stark unter den Folgen der neuen Zölle leiden.
Quellen
- Europarat: EU tariffs explained
- Bundesministerium für Finanzen: Zoll
- NPR: Mixed messages on tariffs raise scrutiny on Trump aides
- EU-Kommission: Statement by President von der Leyen on US tariffs
- Internationaler Währungsfonds: World Economic Outlook 2025
- The White House: A Running List of New U.S. Investment in President Trump’s Second Term
- Yahoo Finance: Higher prices, extra jobs: Lessons from Trump’s washing machine tariffs
- Reuters: Tariffs don’t all act the same