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Mops Otto

6 Min
Nunu Kaller schreibt zweimal im Monat eine Kolumne für die WZ.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Privat

Warum sich die Mopshalterin Nunu Kaller über die strengere Regulierung der Mopszucht freut.


Heute wird es sehr persönlich. Es ist nämlich letzte Woche ein Gesetz beschlossen worden, das sehr viel Einfluss auf meine Zukunft hat. Ich habe seit über zwei Jahren einen vierbeinigen Mitbewohner, er heißt Otto und ist ein Mops. Kurz davor hatte ich beschlossen, es ist jetzt soweit, ich brauche einen Hund. Ein Freund von mir hatte seit Jahren immer diese „Second Hand“-Möpse aus dem Tierheim, wusste von meinem Hundewunsch und rief mich an, als grad wieder ein Mops abgegeben werden sollte. Dass also ausgerechnet ein Mops bei mir gelandet ist, ist reiner Zufall.

Dieser Zufall war die beste Entscheidung meines Lebens. Otto hat immer gute Laune, ist immer freundlich, liebt Menschen und fast alle anderen Hunde, ist im Winter die weltbeste Wärmeflasche und bringt mich jeden Tag zum Lachen mit seiner tollpatschigen Art, die doch eher auf Inselbegabung denn auf Genie-Dasein schließen lässt.

Manchmal ist er auch ein echtes Gfrastsackl, öffnet Laden, frisst sackerlweise Gummibärchen oder – wie kürzlich passiert – Chips-Reste, die er dann postwendend aufs Sofa speibt, der Depp. Aber: Ich liebe Otto. Er ist keine Schönheit, aber für mich der Mister Vienna. Und sogar meine Mutter hat er weichgekriegt. Als ich sie einmal fragte, ob sie ihn eigentlich mag, sagte sie nur: „Auch Kaulquappen kann man lieben.“

Der Mops als Baustelle

Otto ist aber auch eine echte Baustelle. Jeder einzelne Atemzug fällt ihm hörbar schwer. Spielen mit anderen Hunden: Ja, aber maximal zehn bis 15 Minuten, dann ist er für den Rest des Tages fertig mit Action. Alles über geschätzt 27 Grad Außentemperatur ist ihm zu heiß, die Hunderunden beschränken sich dann auf zehn Minuten im Schatten fürs nötigste Geschäft. Einmal, als ich ihn noch nicht lang hatte, übersah ich die Zeit im Freien, er begann sich um sich selbst zu drehen und zu kotzen. Nach einer Stunde vor einer Klima-Anlage hörte er dann wieder auf, um sein Leben zu hecheln, und schlief komplett erschöpft ein. Seither bin ich extrem sensibel, was ihn und Hitze angeht. Er schnarcht, dass ich ihn durch zwei geschlossene Türen höre. Ihm hängt neunzig Prozent der Zeit die Zunge aus dem Gesicht, einfach, weil im Maul nicht genug Platz dafür ist.

Und so lieb er aussehen mag mit seinen kindlich wirkenden Zügen: Das ist nicht cool. Das ist alles nicht normal für einen Hund. Otto ist eine arme Sau. Er ist ein Extremfall. Er hat nicht einmal eine bisschen nach vorn stehende Nase. Er hat gar keine.

Qualzucht aus dem Tierheim

Als ich ihn zu Beginn stolz Freunden und Followern auf Instagram zeigte, bekam ich wütendste Nachrichten – wie könne ich nur Qualzucht bewerben! Leute sehen diesen Hund und wollen auch so einen, das geht doch nicht, die armen Tiere, ich bin ein unmöglicher Mensch! Im echten Leben war’s nicht anders – gut in Erinnerung ist mir die Frau, ein bisschen jünger als ich, die mich quasi direkt vor meiner Haustür aus dem Nichts heraus anbrüllte, ein Mops sei Qualzucht und wie kann ich nur so ein Tier halten. Sie gab erst Ruhe, als ich Otto ansah und meinte: „Ah ja, Otto, hui, du bist ja die totale Fehlkonstruktion, komm, wir gehen Einschläfern!“

Ich verstehe diese Kritik und machte es mir seither zur Aufgabe, über Ottos Herausforderungen aufzuklären. Ich weiß, dass in Ottos Zukunft sehr wahrscheinlich noch Operationen auf ihn warten, seine Nasenlöcher müssen wohl irgendwann mal geweitet werden, seine Fellfalte, die ihm über seine Mini-Nase hängt, gekürzt. Das wird erstens teuer und zweitens nicht einfach für ihn, da bei diesen Tieren jede Narkose ein Risiko ist. Egal, mit wem ich rede, IMMER sage ich: NIEMALS einen Mops vom Züchter. Nie nie nie nie nie. Immer nur aus dem Tierheim. Denn die sind dann schon da und die können genau nix dafür, dass sie existieren. Das haben schon wir verbrochen. Und man muss sich um diese Special-Needs-Hunde kümmern. Ich weiß jetzt schon, dass Otto nicht mein letzter Mops gewesen sein wird. Aber diese Zucht auch noch unterstützen: Absolutes, hartes NEIN.

Letzte Woche wurde endlich das neue Tierschutzgesetz beschlossen. Und darin wurde das Kapitel Qualzucht neu geschrieben. Nicht nur Möpsen wurden Merkmale angezüchtet, die sie unter ständigen Schmerzen leben lassen, nur weil ein paar Menschen das schön fanden. Ich kenne sogar einen Neufundländer, der mit nur wenigen Lebensjahren komplett kaputte Gelenke hat – so kaputt, dass er kaum gehen kann. Und zwischen Mops und dem riesigen Neufundländer gibt es viele Rassen, die eigentlich nie hätten entstehen dürfen. Französische Bulldoggen kriegen auch keine Luft. Die Modehunde Dackel und Corgy mit ihren kurzen Beinen haben regelmäßig heftige Rücken- und Hüftprobleme. Dalmatiner haben ganz oft Probleme mit den Augen. Die Liste ist lang.

In den Niederlanden geht man bereits seit mehreren Jahren streng gegen die Mopszucht vor. Möpse dürfen nur gezüchtet werden, wenn die Nase mindestens 30 Prozent der Länge des gesamten Kopfes ausmacht. Nachdem sich daraufhin viele unbelehrbare Mops-Fans die Hunde einfach von Zuchten aus dem Ausland holten, wird nun auch ein Verbot der Haltung diskutiert.

Könnte ich ihm über Nacht eine Nase herzaubern, ich würde es tun.

Das neue Tierschutzgesetz in Österreich besagt nun, dass eine wissenschaftliche Kommission eingerichtet werden soll, die beurteilen wird, was unter Qualzucht zu verstehen ist. Aus deren Entscheidungen werden Konsequenzen für Hundezüchter:innen entstehen. Diese Kommission wird von Tierschutzorganisationen als Erfolg gefeiert und auch ich freue mich darüber: Ich gehe davon aus, dass flachnasige Hunde in Zukunft nicht mehr gezüchtet werden dürfen.

Dass wir Menschen dieses extreme Hundeleid bewusst züchten, nur weil es süß aussieht, muss endlich international verboten werden. Das neue Gesetz in Österreich ist ein erster Schritt.

So sehr ich Otto liebe: Könnte ich ihm über Nacht eine Nase herzaubern und damit eine entspanntere Atmung, ich würde es tun. Ich würd’ wahrscheinlich sogar meinen Bruder dafür verkaufen, aber sagt’s es ihm nicht bitte. So wird Otto einfach einmalig bleiben.

Nunu Kaller schreibt alle zwei Wochen eine Kolumne zum Thema Nachhaltigkeit. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.


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Infos und Quellen

Genese

Vergangenen Donnerstag passierte der Neuentwurf des Tierschutzgesetzes den Nationalrat. Nachdem Nunu Kaller selbst seit zwei Jahren einen Mops hält, sieht sie die Herausforderungen der Qualzucht täglich und ist trotz – oder wegen - großer Liebe für ihren Hund dafür, dass die Mopszucht in Zukunft massiv streng reguliert wird.

Quellen

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