Die Teuerung sorgte dieses Jahr dafür, dass die Realeinkommen stagnieren. Das soll sich nächstes Jahr ändern. Ist unser Geld bald mehr wert?
Die schlechte Nachricht: Die Wirtschaft schrumpft. Die gute Nachricht: Die Kaufkraft und die Realeinkommen steigen 2024. Das war die Botschaft der Konjunkturprognose Anfang Oktober. Aber was heißt das konkret? Ist unser Geld bald wieder mehr wert?
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Vereinfacht gesagt ja. Die Kaufkraft ist eine Kennzahl für den Wert des Geldes in einem Land. Sie beschreibt das Nettoeinkommen eines Haushalts oder einer Person, das für den Konsum zur Verfügung steht. Es handelt sich dabei um das sogenannte real verfügbare Einkommen, das nach Abzug von Fixkosten wie Miete, Kreditraten und Energie für private Ausgaben und Sparen bleibt. Die steigenden Preise für Heizen und Strom, Lebensmittel sowie höhere Kredit-Zinsen haben laut WIFO-Ökonom Stefan Schiman-Vukan dafür gesorgt, dass das real verfügbare Einkommen dieses Jahr mit 0,1 Prozent stagniert, „nächstes Jahr wird es um 2,8 Prozent steigen.” Die Gründe dafür: „Die steigenden Löhne und die Inflationsentwicklung.“
Denn die Wirtschaftsforscher:innen erwarten, dass die Löhne durch die Kollektivverhandlungen, die noch nicht ganz abgeschlossen sind, brutto um durchschnittlich 7,6 Prozent pro Kopf steigen werden. „Die Löhne sind ein wesentlicher Bestandteil des real verfügbaren Einkommens”, erklärt Schiman-Vukan. Ein weiterer Faktor für die Einkommenszuwächse sind laut dem Experten die Inflationsanpassungen der Sozialleistungen und Pensionen.
Wie hoch ist die Kaufkraft?
Wie die Kaufkraft in konkreten Zahlen aussieht, analysiert das Marktforschungsinstitut GfK. Der aktuellsten Auswertung zufolge stehen Österreicher:innen 2023 pro Kopf 26.671 Euro für Ausgaben zur Verfügung, insgesamt entspricht das 239,5 Milliarden Euro Kaufkraft. In Deutschland liegt die Pro-Kopf-Kaufkraft bei 26.271 Euro, in der Schweiz bei 49.592 Euro. WIFO-Ökonom Schiman-Vukan gibt allerdings zu bedenken, dass es in der Realität sehr starke Unterschiede bei den Haushaltseinkommen gebe. In der GfK-Studie zeigen sich große Differenzen bei den Regionen: In der Wiener Innenstadt beträgt die Kaufkraft pro Einwohner:in 41.423 Euro, in der gesamten Stadt Wien 25.138 Euro.
Konsum führt zu Wirtschaftsaufschwung
Die Kaufkraft und die real verfügbaren Einkommen sind für die Wirtschaft von Bedeutung, da der Konsum zum Wirtschaftsaufschwung beitragen kann. Die privaten Ausgaben nahmen von 2021 auf 2022 um 5,7 Prozent zu, dieses Jahr allerdings nur um 0,8 Prozent. Für kommendes Jahr rechnet das WIFO mit einem Plus von 1,8 Prozent im Vergleich zu 2023. Die Bevölkerung ist bei ihren Ausgaben also noch zurückhaltend, doch sie wird laut Prognosen bald wieder mehr ausgeben. Diese positive Einkaufsstimmung braucht es schließlich auch, damit die Wirtschaft nicht in eine längere Rezession abrutscht.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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Infos und Quellen
Gesprächspartner
Stefan Schiman-Vukan, Senior Economist für Makroökonomie und öffentliche Finanzen am Östereichischen Institut für Wirtschaftsforschung
Daten und Fakten
Die heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen für das Gesamtjahr 2023 mit einer Inflationsrate von 7,7 bis 7,8 Prozent, für 2024 mit 4,0 bis 4,2 Prozent.
Die Bruttolöhne und -gehälter pro Kopf steigen 2024 laut WIFO um 7,6 Prozent, unter Berücksichtigung der Inflation um 3,5 Prozent. Heuer liegt dieser Wert bei 0,5 Prozent.
Quellen
Statistik Austria: Kaufkraftparität
Das Thema in anderen Medien
Der Standard: Wie stark die Teuerung die Kaufkraft weggefressen hat