Der Staat muss sparen, sagen Ökonom:innen, denn ohne Wirtschaftswachstum können wir uns die steigenden Ausgaben nicht leisten. Mehr Steuern auf bestimmte Produkte und der Wegfall von Förderungen könnten die Folgen sein.
Wie schlimm sind Staatsschulden? Diese Frage haben wir vor einem Jahr Hans Pitlik, Ökonom beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), gestellt. Seine Erklärung: Eine Staatsverschuldung sei per se nicht schlecht. Über einen längeren Zeitraum würden Schulden aber die Kreditwürdigkeit des Staates negativ beeinflussen. Das heißt, die Finanzierung des Budgetlochs wird höher verzinst. Langfristig gesehen können Staatsschulden also tatsächlich zum Problem werden, das auch Privathaushalte betrifft.
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Mehr Ausgaben als Einnahmen in den nächsten Jahren
„Koste es, was es wolle”, diese Aussage von Ex-Kanzler Sebastian Kurz holt die scheidende Regierung jetzt ein. Der Fiskalrat warnt in seiner Prognose vom Juni 2024, dass die Schuldenquote 2024 bei 78,5 Prozent liegen wird, im Jahr 2028 sogar bei 82,8 Prozent. Diese Kennzahl zeigt den Schuldenstand in Relation zur Wirtschaftsleistung. Und noch eine Zahl beunruhigt den Fiskalrat: Das Budgetdefizit werde dieses Jahr 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Auch in den nächsten Jahren könnte Österreich die von der EU vorgegebene Maastricht-Richtlinie von drei Prozent überschreiten. Wird dieser Wert über mehrere Jahre überschritten, droht den EU-Mitgliedsstaaten ein Defizitverfahren, das erst recht teuer kommen kann. Das WIFO als auch das Institut für Höhere Studien stimmen in ihren Prognosen zu, dass das Defizit dieses Jahr über drei Prozent liegen wird.
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Die genannten Institutionen rufen deshalb zu Sparmaßnahmen auf: IHS-Chef Holger Bonin empfiehlt, kurzfristig zwei bis vier Milliarden Euro einzusparen. Potenzial sieht der Wirtschaftsforscher unter anderem bei klimaschädlichen Subventionen wie der Pendlerpauschale, zusätzlich könnten etwa Alkohol, Tabak oder auch Grund und Boden höher besteuert werden – es wäre also ein Sparpaket, das Bürger:innen durchaus zu spüren bekommen würden. Der Fiskalrat und das IHS empfehlen weiters eine Reform des Gesundheitssystems sowie Strukturreformen und Bürokratieabbau. Förderungen für Unternehmen sollten treffsicherer gestaltet werden.
Braucht es ein Sparpaket?
Was das Budget neben ineffizienten Strukturen belastet, sind laut den Ökonom:innen die Folgen der Klimakatastrophen sowie der demografische Wandel, der das Pensionssystem vor Herausforderungen stellt. Die steigenden Ausgaben wären verkraftbar, wenn die Einnahmen durch ein starkes Wirtschaftswachstum ebenfalls steigen würden. Die Wirtschaftskrise hält allerdings noch an. Und das Hochwasser Mitte September könnte laut WIFO-Chef Gabriel Felbermayr einen Schaden in Milliardenhöhe verursacht haben und belastet damit ebenfalls den Staatshaushalt.
Trotzdem sah ÖVP-Kanzler Karl Nehammer zumindest Anfang August in einem Interview keinen Bedarf für ein Sparpaket. Vielmehr will er die Unternehmen entlasten und somit die Wirtschaft stärken. Selbst wenn vor allem die SPÖ und Neos die Regierung für ihren Umgang mit dem Budget kritisierten: Wer gewählt werden will, nimmt so kurz vor der Nationalratswahl das Wort „Sparpaket” nicht in den Mund. Nehammers Absage findet zumindest bei einem heimischen Ökonomen Zuspruch, Oliver Picek vom Arbeiterkammer-nahen Momentum Institut erklärt: „Fährt die Politik genau jetzt mit dem Rotstift ins Staatsbudget, droht eine Rezession, ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung.“
Sieht man sich die aktuellen Zahlen und Prognosen an, so scheint ein Sparpaket mittelfristig unausweichlich zu sein. Die Frage ist, wann und in welcher Form die nächste Regierung Maßnahmen trifft. Ob die Einsparungen dann eher die Bürger:innen oder Unternehmen betreffen, wird von den Regierungsparteien abhängen. Denn während die einen eher die Wirtschaft entlasten wollen, fordern andere Vermögenssteuern und Entlastung für Arbeitnehmer:innen.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
Der öffentliche Schuldenstand Österreichs lag Ende März bei 383,2 Milliarden Euro
Das Budgetdefizit wird in den nächsten Jahren laut Prognosen stetig drei Prozent und damit die Vorgaben der EU überschreiten
Damit Österreich einem Defizitverfahren der EU entgeht, sind laut Ökonom:innen Einsparungen in Milliardenhöhe notwendig, laut SPÖ verlangt die EU 11,6 Milliarden Euro einzusparen
Die möglichen Einsparungen würden nicht nur Verwaltung und Unternehmen treffen, auch Privathaushalte würden ein Sparpaket zu spüren bekommen
Quellen
Statistik Austria: Öffentlicher Schuldenstand