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Soll ich Lehrer:in werden?

3 Min
Im aktuellen Schuljahr sind laut Bildungsministerium sechs Prozent der neuen Lehrkräfte Quereinsteiger:innen.
© Illustration: WZ

Das Bildungsministerium hat mehr als 6.000 Stellen für das kommende Schuljahr ausgeschrieben und sucht dafür auch Quereinsteiger:innen. Doch der Weg zum Lehrer:innenjob ist kein einfacher.


6.460: So viele Stellen sind Anfang Mai an österreichischen Schulen ausgeschrieben. In diesen Zeitraum fällt die Hauptausschreibung für das Schuljahr 2025/26, für das das Bildungsministerium 6.100 Stellen vorsieht. Die ausgeschriebenen Stellen entsprechen laut Information des Ministeriums 4.000 Vollzeitäquivalenten. Lehrer:innen stehen zwar noch nicht auf der Liste der Mangelberufe, im Schuljahr 2023/24 waren laut Daten der Statistik Austria 110.576 Vollzeitäquivalente an Österreichs Schulen tätig. Vergleicht man diese Zahl mit den offenen Stellen, ergibt sich ein Lehrer:innenmangel von weniger als vier Prozent.

Gründe für den Lehrer:innenmangel

Aber warum fehlen überhaupt Lehrkräfte im österreichischen Bildungssystem? Zum einen liegt es am demografischen Wandel und der Pensionierungswelle, zum anderen steigen Lehrer:innen vorzeitig aus dem Beruf aus – zu diesem Schluss kommt die OECD in ihrem Education Policy Outlook 2024. Der Beruf müsse daher attraktiver gemacht werden, durch bessere Arbeitsbedingungen, aber auch durch eine bessere Bezahlung. In Österreich erhalten Lehrer:innen im öffentlichen Dienst von 3.520,20 Euro brutto monatlich in der ersten Entlohnungsstufe bis zu 6.255,40 Euro in der höchsten Entlohnungsstufe.

Um mehr Menschen für den Lehrer:innenberuf zu gewinnen, spricht das Bildungsministerium gezielt Quereinsteiger:innen an. Diese können derzeit nur in allgemeinbildenden Fächern der Sekundarstufe unterrichten, also an Mittelschulen, allgemeinbildenden höheren Schulen oder berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. Voraussetzung ist ein facheinschlägiges Studium auf Bachelor-Niveau sowie eine facheinschlägige Berufspraxis von mehr als drei Jahren. Das Ministerium sieht beispielsweise ein Studium der Betriebswirtschaft als einschlägig für das Unterrichtsfach Mathematik an, Journalist:innen könnten sich für das Unterrichtsfach Deutsch qualifizieren.

Quereinsteiger:innen gesucht

Wer sich bewerben möchte, muss ein dreistufiges Eignungsfeststellungsverfahren durchlaufen. In der ersten Stufe sind ein Motivationsschreiben, Dienst- und Studienzeugnisse sowie ein Bewerbungsvideo einzureichen, in der zweiten Stufe folgt ein Online-Assessment-Center. Werden die ersten zwei Phasen erfolgreich absolviert, wird der/die Quereinsteiger:in zu einem persönlichen Gespräch eingeladen.

Die Zertifizierungskommission weist darauf hin, dass dieser Prozess fünf bis sechs Monate dauern kann. Wer an der Hauptausschreibungsphase teilnehmen möchte, sollte sich bis Ende Jänner für die Eignungsfeststellung registrieren. Mit der erfolgreichen Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle ist der Quereinstieg noch nicht abgeschlossen. Innerhalb von acht Jahren nach Beginn der Anstellung müssen die Neulehrer:innen den „Hochschullehrgang Quereinstieg“ an einer Pädagogischen Hochschule abschließen. An den Volksschulen ist ein Quereinstieg nach diesem Verfahren noch nicht möglich. Im September startet aber ein Pilotprojekt, denn Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) will den Quereinstieg langfristig auch dort ermöglichen.

Kritik am Lehrer:innenjob

Auch wenn die Kampagne „Klasse Job” die Vorteile des Berufs für Neu- und Quereinsteiger:innen hervorheben will, gibt es Kritik an diesem System. Gegenüber der WZ teilten Lehrer:innen schon vor einigen Monaten anonym ihre negativen Erfahrungen. Die Bildungsexpertin Christiane Spiel warnte angesichts der mangelnden pädagogischen Vorbildung vor einer Entprofessionalisierung des Berufs. Der Standard-Journalist Benedikt Narodoslawsky zeigte in einem Erfahrungsbericht die Schwachstellen der Eignungsfeststellung auf.

Ob klassisches Lehramtsstudium oder Quereinstieg – der Bedarf an Lehrkräften wird in den nächsten Jahren anhalten. Die besten Einstellungschancen bieten laut einer Rangliste des Bildungsministeriums unter anderem die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Informatik.

Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.


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Infos und Quellen

Daten und Fakten

  • Österreichs Schulen beschäftigten im Schuljahr 2023/24 126.649 Lehrpersonen, der Großteil davon in den allgemeinbildenden Pflichtschulen.

  • Das Bildungsministerium hat für das kommende Schuljahr 6.100 Stellen für Lehrkräfte ausgeschrieben.

  • Wer via Quereinstieg als Lehrer:in arbeiten möchte, muss dafür ein dreistufiges Eignungsfeststellungsverfahren abschließen.

  • Im aktuellen Schuljahr sind laut Bildungsministerium sechs Prozent der neuen Lehrkräfte Quereinsteiger:innen.

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