Donald Trump wird 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Er kann diesmal seine Vorhaben leichter durchsetzen als noch vor acht Jahren. Und in Europa macht man sich berechtigte Sorgen um die Zukunft.
Donald Trump hat bei der US-Wahl einen klaren Sieg eingefahren, er wird damit der 47. Präsident der Vereinigten Staaten sein. Der Republikaner kann nicht nur die USA anführen, er wird auch ein ungewöhnlich mächtiger Präsident sein: Innerparteilich hat er kaum mit Widerstand zu rechnen und im Supreme Court, im Obersten Gerichtshof, dominieren ihm gewogene Richter:innen.
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Die Fragen, die jetzt auf dem Tisch liegen, lauten: Was sind die Gründe für Trumps deutlichen Sieg? Was bedeutet sein Sieg für Europa, für die Welt? Und: Wird die US-Demokratie weitere vier Jahre Trump überleben? Immerhin hat bereits Trumps erste Präsidentschaft vor acht Jahren die Institutionen einem harten Stresstest unterzogen.
Kompletter demokratischer Fehlschlag
Die Strategie der Demokraten ist massiv schiefgegangen. Kamala Harris verlor ihren Kampf nicht nur in den ländlichen Gebieten der USA, sie hat auch in den urbanen Hochburgen teils deutlich an Zuspruch eingebüßt. Mehr Frauen haben vor vier Jahren für Joe Biden gestimmt als diesmal für Harris. Die Wahl war ganz klar auch ein Geschlechterkampf, mit Harris ist eine schwarze Frau ins Rennen gegangen. Jetzt ist die Rede von einem antifeministischen Backlash in den USA, Trumps toxische Männlichkeit hat sich durchgesetzt.
Harris konnte vor allem bei den Latinos und Latinas sowie bei schwarzen Männern nicht ausreichend punkten. Zwar hat Ex-US-Präsident Barack Obama seine schwarzen Geschlechtsgenossen gegen Ende des Wahlkampfes fast schon mit erhobenem Zeigefinger aufgefordert, die demokratische Kandidatin zu wählen – gebracht hat es nichts. Die Amerikaner:innen wollten „change“ und Trump konnte diesen glaubhafter vermitteln als seine Konkurrentin, die als Vize von Präsident Joe Biden an der aktuellen Lage in den USA mitverantwortlich gemacht werden kann.
Eine Bildungsfrage
Viele in den USA lebende Latinos und Latinas wiederum wählten Trump gerade deshalb, weil dieser gegen Immigrant:innen hetzt. Sie sind an einem weiteren Zuzug von Menschen aus Lateinamerika nicht interessiert, begreifen diese als unwillkommene Konkurrenz. Während es Harris nicht gelang, die jungen US-Amerikaner:innen (Generation Z) in ausreichendem Maß für sich zu begeistern, hat Trump eine Mehrheit bei den alten Menschen. Und: US-Bürger:innen mit College-Abschluss wählen demokratisch, die ohne höhere Bildungsweihen nicht. Das Problem für die Demokraten besteht also darin, dass die Mehrheit der US-Amerikaner:innen über keine höhere Bildung verfügt.
The economy, again
Im Endeffekt waren es inhaltlich wohl Wirtschaftsthemen, die Trump zu seinem überraschend deutlichen Sieg verholfen haben. Der österreichische Experte Peter Filzmaier weist darauf hin, dass es in erster Linie die Verschlechterung der eigenen wirtschaftlichen und sozialen Lage war, die die Menschen Trump wählen ließen. Das Thema Abtreibung – Harris bezieht klar Stellung gegen ein Verbot – habe dagegen weniger gezogen, so Filzmaier, der für die Feststellung zahlreiche Daten aus Befragungen heranzieht. Ein weiterer großer Fehler der Demokraten war es wohl, dass Harris sich im Wahlkampf in erster Linie zu Trump abgrenzte, ihre eigenen Vorhaben aber zu wenig in den Mittelpunkt gestellt hat.
„Frieden“ für die Ukraine
Für die Europäer:innen ist in der kommenden Zeit vor allem entscheidend, wie Trump mit dem Krieg in der Ukraine umgehen wird. Der Republikaner – ganz der große „Dealmaker“, als der er sich sieht – will den Krieg nach eigenen Worten in 24 Stunden beenden. Wahrscheinlich wird er zunächst einmal versuchen, die Ukraine, die finanziell und militärisch stark von den USA abhängig ist, unter Druck zu setzen. Ziel ist wohl ein rascher Friedensschluss mit Russland, wobei Kiew Gebiete an Moskau abtreten müsste. Mit Russlands Präsident Wladimir Putin verbindet Trump keine wirkliche Freundschaft, der Kremlherr weiß aber, wie er den eitlen Mann im Weißen Haus manipulieren kann.
Putin kann sich freuen
Für Putin ist die Wahl Trumps zum US-Präsidenten mit Sicherheit ein außenpolitischer Sieg. Allerdings: Trump ist unberechenbar, es ist durchaus denkbar, dass er auch gegenüber Russland eine harte Linie fährt – er hat schon in seiner ersten Amtszeit Sanktionen gegen Moskau verhängt. Die Frage ist auch, ob sich Putin mit einem Teil der Ukraine begnügen wird. Er will bekanntlich das gesamte Land. Mit Sicherheit kommen vier harte Jahre auf Kiew zu.
Ob Trump als außenpolitischer „Dealmaker“ von Erfolg zu Erfolg eilen wird, bleibt insgesamt abzuwarten. Seine Bemühungen in der ersten Amtszeit 2017 bis 2021, eine Lösung in der Nordkorea-Frage auszuhandeln, sind bekanntlich nicht aufgegangen. Nordkorea droht weiter mit Atomwaffen, jetzt sollen sich tausende Soldaten des asiatischen Landes im Kampf gegen die Ukraine befinden.
Europa wird in die Tasche greifen müssen
Schwierig wird es für Europa. Schon zu Beginn seiner ersten Amtszeit 2017 stellte Trump die NATO in Frage. Es ging ihm damals wie heute darum, dass die Europäer:innen hier einen größeren Teil der finanziellen Belastung des Bündnisses übernehmen als bisher. In Europa selbst ist seit Jahren davon die Rede, dass man sich unter Wahrung der transatlantischen Verbindung von den USA unabhängiger machen müsse. Jetzt ist es soweit, dass die Europäer:innen die Ukraine in weit höherem Ausmaß als bisher finanziell und militärisch unterstützen müssen, sollte der Krieg gegen Russland weitergehen.
Dass Trump als großer Friedensstifter in Nahost in die Geschichtsbücher eingehen wird, ist unwahrscheinlich. Seine Nähe zu Israel und zu Premier Benjamin Netanjahu ist zu offensichtlich, in seiner ersten Amtszeit hat er in dieser Region nachhaltig wenig bewirken können.
Ein Feind des Freihandels
Wirtschaftspolitisch stehen den USA und der Welt wieder turbulente Zeiten bevor. Trump ist ein bekannter Feind des Freihandels, er will die US-Industrie schützen und wird deshalb hohe Zölle auf Importe einheben. Dass die Lebenskosten der US-Bürger:innen dadurch sinken, ist nicht sehr wahrscheinlich, weil die Waren des täglichen Bedarfs durch Handelshemmnisse teurer werden. Lieblingsfeind Trumps in ökonomischer Hinsicht ist China – Europa läuft für den Tycoon als „little China“ mit.
Doch weiß man in Peking, dass Trump kein Kriegstreiber im eigentlichen Sinn ist. Der Tycoon sieht sich als Geschäftsmann, ein blutiger, mit konventionellen oder atomaren Waffen ausgetragener Konflikt unter Beteiligung der USA ist überhaupt nicht in seinem Sinn.
Hält Amerikas Demokratie?
Doch was steht den US-Amerikaner:innen jetzt selbst bevor? Trump ist keineswegs ein lupenreiner Demokrat, soviel ist klar. Die Bewunderung, die er für autoritäre Herrscher und Diktatoren hegt, ist ausreichend dokumentiert. 2017 bis 2021 hat das verfassungsmäßige Institutionen-Netz der USA gehalten, Trump wurde zudem von besonnenen Menschen in den eigenen Reihen zurückgehalten. Und diesmal?
Dass er, wie angekündigt, die bewaffnete Nationalgarde gegen Linke und Liberale losschickt, ist eher unwahrscheinlich. Aber er hat jetzt weitgehend freie Hand und wird die USA umgestalten. Trump wird sich diesmal in seinen teilweise autoritären Vorstellungen deutlicher durchsetzen als in seiner ersten Amtszeit. Er hat ein starkes Mandat und ist politisch erfahrener als vor acht Jahren. Er ist ein despotischer Charakter und wird das in den nächsten zwei Jahren, bis zu den nächsten Kongresswahlen, mit Sicherheit ausspielen können.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Donald Trump zum Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl gratuliert. „Die USA sind ein bedeutender strategischer Partner für Österreich", so Nehammer, der aktuell Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach dessen Operation als Staatsoberhaupt vertritt.
FPÖ-Chef Herbert Kickl zeigte sich erfreut: „Die Amerikaner haben mit der selbstverliebten Politik der eiskalten Eliten ordentlich abgerechnet", so seine Analyse auf Facebook. Selbst Angriffe sämtlicher Medien, „sogenannter Experten" und politischer Gegner hätten die richtige Politik am Ende des Tages nicht stoppen können.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump ebenfalls zu einem „beeindruckenden Wahlsieg" gratuliert. Zugleich schrieb er in Online-Netzwerken, er schätze in weltpolitischen Fragen Trumps Engagement für den Ansatz „Frieden durch Stärke".
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