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„Soldatin oder Soldat, ich mache da keinen Unterschied“

5 Min
Frauen treten beim Bundesheer zunehmend selbstbewusst auf.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Adobe Stock

Wachtmeister Ochsenhofer war die Beste ihres Ausbildungsjahrganges, sie hat alle männlichen Kameraden in den Schatten gestellt. Frauen können im Bundesheer uneingeschränkt Karriere machen. Theoretisch.


Können Frauen bessere Soldat:innen sein als Männer? Stärker im Sport, ausdauernder beim Marschieren mit schwerem Gepäck, genauer im Schießen, effektiver bei der Führung einer Einheit? Offensichtlich können sie. Frau Wachtmeister Marie Ochsenhofer, 22 Jahre alt, Unteroffizierin in der Kaderpräsenzeinheit des Jägerbataillon 19 in Güssing, ist der Beweis dafür. In ihrer Unteroffiziersausbildung ließ sie alle Kameraden und die wenigen Kameradinnen, die es gab, hinter sich. Von zehn Ausbildungsmodulen hat sie acht mit Auszeichnung bestanden, mehr als jeder/jede andere ihres aus rund 350 Personen bestehenden Jahrganges. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hat es sich nicht nehmen lassen, Ochsenhofer im Jahr 2024 anlässlich der feierlichen Ausmusterung persönlich zu gratulieren.

Frau oder Mann beim Bundesheer? Die Unterscheidung gibt es für Ochsenhofer nicht. Nur Schlafräume, Duschen und Toiletten, „diese werden streng nach Vorschrift getrennt“, erklärt sie im Gespräch mit der WZ in der Maria Theresien-Kaserne, wo sie den Sportinstruktorkurs besucht. Die Bedingungen und Erfordernisse für weibliche und männliche Soldaten sind haargenau gleich. „Ich fasse dasselbe Gerät aus, muss die gleichen Ausbildungen absolvieren und Erfordernisse erreichen“, sagt sie. Wie Männer sind die weiblichen Soldaten „ständig in Bewegung, meistens für das Gefecht adjustiert und lösen Gefechtsaufgaben in höchster Geschwindigkeit. Das Gewicht der Ausrüstung ist für jeden Soldaten einheitlich.“

Keine Extrawürste

Den Frauen werden beim Bundesheer keine Extrawürste gebraten. Die meisten, die sich freiwillig melden, würden das auch gar nicht wollen, sagt Ochsenhofer. Sie selbst ist zum Militär gegangen, weil sie „etwas Besonderes“ machen wollte. Sie sei immer schon sehr sportlich gewesen, sagt sie, habe als Jugendliche im Verein Leichtathletik und Rope Skipping (Springschnurspringen) trainiert. Die Herausforderung Bundesheer habe sie gereizt. Sie wollte zeigen, dass sie es schaffen kann. In der Basisausbildung hätten Frauen wie Männer ständig ihren Vorgesetzten neben sich, der befiehlt, was zu geschehen hat: „Wann man in der Früh aufstehen muss, wann die Mittagspause ist, welche Adjustierung vorgegeben ist und in welcher Leistungsgruppe jeder Sport macht: die ganze Tagesstruktur ist vorgegeben“, erinnert sie sich an ihre Anfänge beim Militär.

Soldatin Ochsenhofer Marie in der Maria Theresien-Kaserne
Wachtmeister Marie Ochsenhofer in der Maria Theresien-Kaserne.
© WZ

Jetzt ist sie Kommandantin, befehligt sieben bis acht Schützen. „Soldatin oder Soldat, ich mache da keinen Unterschied“, sagt Ochsenhofer. Aktuell seien nur Männer in ihrer Gruppe. Und sie betont: Im Bundesheer zählt die Leistung der Person, nicht das Geschlecht. „Eine Frau hat die Möglichkeit, in allen Bereichen Karriere zu machen. Sei es beim Jagdkommando, dem Spezialverband des Bundesheeres, als Pilot:in, im Sanitätswesen oder in einem Jägerbataillon – jeder Bereich steht allen Soldatinnen und Soldaten offen.“

Hier aber liegt der Hund begraben: Laut Broschüre „Jagdkommando. Austrian Special Operations Forces“ gibt es bei der absoluten Eliteneinheit des Bundesheeres so gut wie keine Frauen: „Auch wenn das Jagdkommando eine Männerdomäne ist, sind wir immer auch auf der Suche nach motivierten Frauen, die unseren Verband verstärken“, steht in der Publikation. Auf Nachfrage heißt es beim Bundesheer, bisher habe eine Frau die Ausbildung absolviert. Denn hier sind die körperlichen und psychischen Herausforderungen wirklich enorm.

Frauen seien „nicht die Speerspitze“

Würde im Kriegsfall in Österreich ein Unterschied zwischen Soldatinnen und Soldaten gemacht? Wir wissen es nicht. In Israel, einem modernen, westlich orientierten Land, das sich im Krieg befindet und sich deshalb als Beispiel eignet, wird allerdings sehr wohl zwischen männlich und weiblich unterschieden, wie ein Militärexperte, der seinen Namen nicht genannt wissen will, der WZ erklärte. Dort dienen sehr viele Soldatinnen in unterschiedlichen, teilweise sehr fordernden Funktionen. Wenn es „bewusst und geplant“ im dicht bebauten Gazastreifen in den Kampf gegen Terrorist:innen gehe, würden Frauen „nicht als Speerspitze“ vorgeschickt. „Sie müssten Kampfmittel, Verpflegung, Wasser im Umfang von bis zu 50 Kilo mitschleppen. Der Kampf im urbanen Umfeld stellt körperlich und psychisch eine Maximalanforderung dar. Da geht es wirklich an die Substanz, da wird es dann schwierig, wenn man diesen körperlichen Anforderungen nicht ganz gerecht wird“, so der Experte. Deshalb gebe es etwa bei den israelischen Golani-Brigaden, den im Norden Israels stationierten „Terrorjägern“, keine Frauen, so wie in anderen israelischen Top-Elitetrupps auch.

Feministinnen betonen, dass Frauen generell und ausnahmslos in allen Einheiten der Armee dienen müssten (siehe Transparenzseite unten). Ein Ausschluss unter Anführung angeblicher genereller physischer Defizite würde automatisch eine gleichberechtigte Stellung von Frauen in den anderen Armeeeinheiten untergraben, heißt es hier. Männliche israelische Militärs hingegen argumentieren, dass ein Herabsetzen der körperlichen Anforderungen, die nötig wären, um Frauen die Teilnahme zu ermöglichen, die nationale Sicherheit in Frage stellen würde. Der Chef der israelischen Streitkräfte hat jetzt jedenfalls ein Pilotprojekt gestoppt, in dem der Einsatz von Frauen in der Frontinfanterie erprobt wurde.

„Wenn ich muss, werde ich kämpfen“

Für Wachtmeister Marie Ochsenhofer ist im Gespräch mit der WZ klar, dass sie auch im Krieg ganz vorne zu finden wäre: „Im Ernstfall würde ich meine acht Soldaten und das gehärtete Fahrzeug, also den gepanzerten Mannschaftswagen, ins Gefecht führen. Das heißt nicht, dass ich in einen Kampfeinsatz will“, sagt die Vorzeigesoldatin, „aber wenn ich muss, werde ich meine Aufträge umsetzen“.


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Infos und Quellen

Genese

Seit 1998 gibt es im österreichischen Bundesheer Soldatinnen und in regelmäßigen Abständen wird über die Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht für Frauen diskutiert. Redakteur Michael Schmölzer hat bereits Zivilistinnen nach ihrer Meinung dazu befragt. Jetzt hat er mit einer Berufssoldatin gesprochen, die etwas über den Alltag beim Heer erzählt.

Gesprächspartner:innen

  • Wachtmeister Marie Ochsenhofer hat Redakteur Michael Schmölzer geduldig alle Fragen beantwortet. Sie wurde als Vorzeigesoldatin vom Bundesheer für das Gespräch ausgewählt.
  • Hauptmann David Flicker von der Presseabteilung hat wichtige Informationen beigesteuert.
  • Ein Experte des Bundesheeres, der nicht genannt werden will.

Daten & Fakten

  • Der Frauenanteil im österreichischen Bundesheer liegt aktuell bei rund 6 Prozent. Der Anteil ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Anfang 2005 beispielsweise gab es österreichweit 201 Soldatinnen, Anfang 2025 waren es schon mehr als 670.
  • Die Unteroffiziers-Dienstgrade beim Bundesheer sind: Wachtmeister, Oberwachtmeister, Stabswachtmeister, Oberstabswachtmeister, Offiziers-Stellvertreter, Vizeleutnant. Gegendert wird mit „Frau“ oder „Herr“.
  • Das Jagdkommando ist die Spezialeinheit des Bundesheeres, bestehend aus Elite-Soldaten. Diese sind ausgebildet für Spezialeinsätze zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Eine der vielen Aufgaben ist es, österreichische und europäische Staatsbürger:innen aus Krisengebieten zu evakuieren.
  • In Israel gilt die Allgemeine Wehrpflicht für Frauen, sie müssen zwei Jahre in der israelischen Armee, den Israel Defence Forces (IDF), dienen (Männer 32 Monate). 58 Prozent der Kampfpositionen sind in den IDF für Frauen geöffnet.

Quellen

Das Thema in der WZ

Das Thema in anderen Medien