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Im globalen Handelsstreit entwickeln sich Seltene Erden zum politischen Spielball. Diese Rohstoffe werden für die Produktion in unterschiedlichen Branchen immer wichtiger, und damit ist die heimische Industrie abhängig von internationalen Partnern.
Lanthan, Neodym und Praseodym sind drei der insgesamt 17 Metalle der Seltenen Erden. Es handelt sich dabei um chemische Elemente, die bei der Produktion von elektronischen Geräten wie Handys und Fernsehern, aber auch bei Elektromotoren und in der Energietechnologie, etwa bei Windkraftanlagen, zum Einsatz kommen. Diese Rohstoffe sind nicht unbedingt selten, denn Schätzungen des US Geological Survey zufolge beträgt das weltweite Aufkommen in der Erdkruste rund 120 Millionen Tonnen.
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Steigender Bedarf an Industriemetallen
Was diese Metalle so rar macht, ist die Tatsache, dass sie nur gemeinsam abgebaut werden können, was den Prozess erschwert. Durch die Energiewende und den steigenden Bedarf an hochtechnologischer Hardware rücken die Seltenen Erden nun in den Mittelpunkt des globalen Handelskonflikts.
Denn trotz der hohen Verfügbarkeit konzentrieren sich die großen Lagerstätten in der Praxis auf wenige Regionen. Die größten Reserven besitzt China mit rund 44 Millionen Tonnen, gefolgt von Brasilien mit 21 Millionen Tonnen. Im Jahr 2024 importierte die EU 46,3 Prozent ihrer Seltenen Erden aus China. Insgesamt wurden 12.900 Tonnen Seltene Erden in die EU importiert. Dies geht aus Zahlen von Eurostat hervor. Russland war mit 28,4 Prozent der zweitwichtigste Partner. Zwischen 2020 und 2023 bezogen die USA sogar rund 70 Prozent ihres Bedarfs aus China.
Industrie warnt vor Abhängigkeit
Als der Handelskonflikt zwischen den beiden Großmächten im Frühjahr 2025 eskalierte, schränkte China die Exporte Seltener Erden in die USA ein. Bei den aktuellen Zollverhandlungen geht es somit nicht nur um die Einfuhrabgaben, sondern auch um den Zugang zu den Industriemetallen. Im Juni verständigten sich die beiden Handelspartner darauf, dass China die Exporte wieder lockern werde. Allerdings dürfte es dafür Bedingungen geben: So soll die Regierung laut Berichten vertrauliche Daten über Kunden und Projekte, bei denen die Metalle zum Einsatz kommen, einfordern.
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Diese Entwicklungen bereiten nun auch der europäischen Industrie Sorgen. So warnte der Europäische Verband der Automobilzulieferer (CLEPA) Anfang Juni vor Engpässen, da China offenbar auch die Exporte nach Europa eingeschränkt hat. Der Bundesverband der Deutschen Industrie spricht von einer drohenden Metallkrise: „Eine längerfristige Unterbrechung der Lieferketten könnte zu Projektstopps bei Schlüsseltechnologien, Rückstellungen in der Produktion und strategischer Unsicherheit bei Investoren führen.“
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm fordert die deutsche Regierung auf, eine nationale Rohstoffstrategie zu entwickeln. Die EU-Kommission fördert indes 47 Projekte für die Gewinnung von Rohstoffen, darunter auch Seltene Erden. In Österreich ist es hingegen derzeit noch ruhig, wenn es um das Rennen um die Industriemetalle geht – obwohl wir nicht weniger abhängig von den großen Lieferanten sind als unsere Nachbarn.
Wie eine Rohstoffstrategie aussehen könnte
Bei den Metallen Seltener Erden ist nicht nur die Marktmacht einiger großer Handelspartner umstritten, sondern auch der Abbau selbst. Dieser gilt nämlich als umweltschädlich und könnte die Gesundheit der Arbeiter:innen gefährden. Eine stärkere Produktion innerhalb Europas könnte nicht nur die Unabhängigkeit fördern, sondern auch den Handel mit den Rohstoffen ethischer und nachhaltiger machen. Das bisher größte Vorkommen Seltener Erden wurde 2023 in Schweden entdeckt. Die Verarbeitungsanlage soll 2026 in Betrieb gehen und könnte Schätzungen zufolge 18 Prozent des Bedarfs in Europa decken.
Neben dem Abbau ist das Recycling eine weitere Möglichkeit, den Bedarf an Seltenen Erden besser zu decken. Bisher wird Schätzungen zufolge nur ein Bruchteil dieser Metalle wiederverwertet. Im Rahmen des vom Land Niederösterreich geförderten Forschungsprojekts „Reealign“ entwickelt die Universität für Bodenkultur Wien eine Methode zur Rückgewinnung von Seltenen Erden aus Elektroschrott. Die ungenutzten, alten Smartphones in unseren Schubladen könnten also in Zukunft wieder wertvoll werden.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
- Seltene Erden gelten in der EU als kritische Rohstoffe: Sie haben eine große ökonomische Bedeutung, sind aber nicht frei verfügbar.
- Die EU importierte 2024 12.900 Tonnen Seltene Erden, der Großteil davon kommt aus China.
- China und Brasilien besitzen die größten Reserven der gefragten Industriemetalle.
Quellen
- Eurostat: Seltene Erden Import und Export 2024
- US Geological Survey: Mineral Commodity Summaries 2025
- Deutsche Rohstoffagentur: Seltene Erden
- AP News: China grants rare earth export permits after US trade talks
- Financial Times: China demands sensitive information for rare earth exports, companies warn
- CLEPA: Urgent action needed as China’s export restrictions on rare earths disrupt European automotive supply chains
- Bundesverband der Deutschen Industrie: Handelsstreit zwischen China und den USA: Metallkrise droht
- EU-Kommission: Commission selects 47 Strategic Projects to secure and diversify access to raw materials in the EU
- LKAB: Schwedisches Bergwerk für Abbau von Seltenen Erden