Zum Hauptinhalt springen

Warum in deinem Smartphone ein wertvoller Schatz steckt

4 Min
Seltene Erden gelten in der EU als kritische Rohstoffe: Sie haben eine große ökonomische Bedeutung, sind aber nicht frei verfügbar.
© Illustration: WZ

Im globalen Handelsstreit entwickeln sich Seltene Erden zum politischen Spielball. Diese Rohstoffe werden für die Produktion in unterschiedlichen Branchen immer wichtiger, und damit ist die heimische Industrie abhängig von internationalen Partnern.


    • China hat Exportbeschränkungen für Seltene Erden verhängt und diese teils wieder gelockert – unter Bedingungen.
    • Die EU und USA sind stark abhängig von chinesischen Lieferungen, was geopolitische Risiken verstärkt.
    • Recycling und neue europäische Förderprojekte sollen Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit verbessern.
    • Weltweite Reserven: ca. 120 Mio. Tonnen; China hält 44 Mio. Tonnen, Brasilien 21 Mio. Tonnen.
    • EU-Importe 2024: 12.900 Tonnen Seltene Erden, davon 46,3 % aus China, 28,4 % aus Russland.
    • USA bezogen 2020–2023 rund 70 % ihres Bedarfs aus China.
    • Größtes europäisches Vorkommen 2023 in Schweden entdeckt, geplante Inbetriebnahme 2026.
    Mehr dazu in den Infos & Quellen

Lanthan, Neodym und Praseodym sind drei der insgesamt 17 Metalle der Seltenen Erden. Es handelt sich dabei um chemische Elemente, die bei der Produktion von elektronischen Geräten wie Handys und Fernsehern, aber auch bei Elektromotoren und in der Energietechnologie, etwa bei Windkraftanlagen, zum Einsatz kommen. Diese Rohstoffe sind nicht unbedingt selten, denn Schätzungen des US Geological Survey zufolge beträgt das weltweite Aufkommen in der Erdkruste rund 120 Millionen Tonnen.

Steigender Bedarf an Industriemetallen

Was diese Metalle so rar macht, ist die Tatsache, dass sie nur gemeinsam abgebaut werden können, was den Prozess erschwert. Durch die Energiewende und den steigenden Bedarf an hochtechnologischer Hardware rücken die Seltenen Erden nun in den Mittelpunkt des globalen Handelskonflikts.

Denn trotz der hohen Verfügbarkeit konzentrieren sich die großen Lagerstätten in der Praxis auf wenige Regionen. Die größten Reserven besitzt China mit rund 44 Millionen Tonnen, gefolgt von Brasilien mit 21 Millionen Tonnen. Im Jahr 2024 importierte die EU 46,3 Prozent ihrer Seltenen Erden aus China. Insgesamt wurden 12.900 Tonnen Seltene Erden in die EU importiert. Dies geht aus Zahlen von Eurostat hervor. Russland war mit 28,4 Prozent der zweitwichtigste Partner. Zwischen 2020 und 2023 bezogen die USA sogar rund 70 Prozent ihres Bedarfs aus China.

Industrie warnt vor Abhängigkeit

Als der Handelskonflikt zwischen den beiden Großmächten im Frühjahr 2025 eskalierte, schränkte China die Exporte Seltener Erden in die USA ein. Bei den aktuellen Zollverhandlungen geht es somit nicht nur um die Einfuhrabgaben, sondern auch um den Zugang zu den Industriemetallen. Im Juni verständigten sich die beiden Handelspartner darauf, dass China die Exporte wieder lockern werde. Allerdings dürfte es dafür Bedingungen geben: So soll die Regierung laut Berichten vertrauliche Daten über Kunden und Projekte, bei denen die Metalle zum Einsatz kommen, einfordern.

Diese Entwicklungen bereiten nun auch der europäischen Industrie Sorgen. So warnte der Europäische Verband der Automobilzulieferer (CLEPA) Anfang Juni vor Engpässen, da China offenbar auch die Exporte nach Europa eingeschränkt hat. Der Bundesverband der Deutschen Industrie spricht von einer drohenden Metallkrise: „Eine längerfristige Unterbrechung der Lieferketten könnte zu Projektstopps bei Schlüsseltechnologien, Rückstellungen in der Produktion und strategischer Unsicherheit bei Investoren führen.“

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm fordert die deutsche Regierung auf, eine nationale Rohstoffstrategie zu entwickeln. Die EU-Kommission fördert indes 47 Projekte für die Gewinnung von Rohstoffen, darunter auch Seltene Erden. In Österreich ist es hingegen derzeit noch ruhig, wenn es um das Rennen um die Industriemetalle geht – obwohl wir nicht weniger abhängig von den großen Lieferanten sind als unsere Nachbarn.

Wie eine Rohstoffstrategie aussehen könnte

Bei den Metallen Seltener Erden ist nicht nur die Marktmacht einiger großer Handelspartner umstritten, sondern auch der Abbau selbst. Dieser gilt nämlich als umweltschädlich und könnte die Gesundheit der Arbeiter:innen gefährden. Eine stärkere Produktion innerhalb Europas könnte nicht nur die Unabhängigkeit fördern, sondern auch den Handel mit den Rohstoffen ethischer und nachhaltiger machen. Das bisher größte Vorkommen Seltener Erden wurde 2023 in Schweden entdeckt. Die Verarbeitungsanlage soll 2026 in Betrieb gehen und könnte Schätzungen zufolge 18 Prozent des Bedarfs in Europa decken.

Neben dem Abbau ist das Recycling eine weitere Möglichkeit, den Bedarf an Seltenen Erden besser zu decken. Bisher wird Schätzungen zufolge nur ein Bruchteil dieser Metalle wiederverwertet. Im Rahmen des vom Land Niederösterreich geförderten Forschungsprojekts „Reealign“ entwickelt die Universität für Bodenkultur Wien eine Methode zur Rückgewinnung von Seltenen Erden aus Elektroschrott. Die ungenutzten, alten Smartphones in unseren Schubladen könnten also in Zukunft wieder wertvoll werden.

Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.


Dir hat dieser Beitrag besonders gut gefallen, dir ist ein Fehler aufgefallen oder du hast Hinweise für uns - sag uns deine Meinung unter feedback@wienerzeitung.at. Willst du uns helfen, unser gesamtes Produkt besser zu machen? Dann melde dich hier an.


Infos und Quellen

Daten und Fakten

  • Seltene Erden gelten in der EU als kritische Rohstoffe: Sie haben eine große ökonomische Bedeutung, sind aber nicht frei verfügbar.
  • Die EU importierte 2024 12.900 Tonnen Seltene Erden, der Großteil davon kommt aus China.
  • China und Brasilien besitzen die größten Reserven der gefragten Industriemetalle.

Quellen

Ähnliche Inhalte