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Weil Jodeln nicht patriotisch sein muss

4 Min
Zwischen Tradition und Pop: Anna Buchegger setzt mir ihrer Musik neue Akzente.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Anna Buchegger.

Die Salzburgerin Anna Buchegger streut mit ihrer Musik ordentlich Salz in die Wunden der Traditionalisten. Die 26-Jährige will den Begriff Heimat neu denken und gestalten. Ein Gespräch über Patriotismus und die Liebe zum Dialekt.


WZ | Madeleine Geosits
Auf deinem neuen Album „Soiz” willst du Tradition konservieren und gleichzeitig aufbrechen, „die veralteten Wunden aufreiben“, wie du schreibst. Welche Wunden meinst du damit?
Anna Buchegger
Mit den Wunden meine ich geschichtliche Begebenheiten und alles, was mit Kollektivschuld zu tun hat. Das ist etwas, was oft zu kurz kommt, wo man sich denkt: „Das haben wir eh schon abgeklappert, das reicht jetzt.“ Aber ich finde, es muss weiter Thema bleiben.Und alles an Eigenschaften, die man uns als Österreicher:innen zuschreiben würde, dass wir manchmal ein bisserl ängstlich sind, uns gern isolieren oder uns über andere Nationen stellen, das sind Eigenschaften, die man vielleicht nicht so gern hört, aber genau das finde ich spannend.

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WZ | Madeleine Geosits
Du hast früher auf Englisch gesungen. Wann hast du dir gedacht: „Ich höre mit Englisch auf und singe jetzt im Dialekt”?
Anna Buchegger
Das wollte ich schon sehr lange, aber ich habe mich nicht getraut. Jetzt habe ich das Gefühl, dass Dialekt wieder einen Aufschwung erlebt, dass es Wertschätzung dafür gibt und viele junge Musiker:innen wieder im Dialekt singen.Früher, als ich noch auf Englisch geschrieben habe, kam oft die Rückmeldung: „Mit dem Dialekt bist du für einen gewissen Sprachraum unattraktiv.“ Davon habe ich mich abschrecken lassen. Irgendwann dachte ich mir: Eigentlich will ich nur das machen. Ich hatte schon länger die Vision, ein Konzeptalbum zu machen, Musik, die sich einem Thema annähert und auch ein bisschen politisch ist. Und es ist ja nicht nur der Dialekt, ich nehme auch kulturelle Elemente mit, wie Jodeln oder das Hackbrett. Das sind musikalische Aspekte, die überall verstanden werden.
WZ | Madeleine Geosits
In deinem Song „Vaterland” auf deinem ersten Album beschäftigst du dich intensiv mit diesem Traditionsbegriff. Auf deiner Website schreibst du beispielsweise: „Vaterland ist mein ganzer Mut und meine größte Angst.“ Wie darf man das verstehen?
Anna Buchegger
Ich habe lange Schiss gehabt, dass die Leute glauben, wenn sie „Vaterland” hören, dass ich undankbar sei, obwohl ich ja froh sein sollte in so einem sicheren Land geboren zu sein.
WZ | Madeleine Geosits
Es ist Kritik am Patriotismus, aber du hast gleichzeitig eine emotionale Verbindung zu deiner Heimat. Wäre Letzteres nicht auch eine Form des Patriotismus?
Anna Buchegger
Patriotismus ist ja Nationalstolz, und ich wüsste nicht, worauf ich stolz sein soll, weil ich habe nichts dazu beigetragen. Ich bin ein Glückspilz. Es ist einfach geil, dass ich hier wohnen darf, dass ich einen österreichischen Pass habe. Das sind Privilegien. Aber der Grund, warum dieses Land so reich ist, liegt auch an Dingen, die höchst verwerflich sind. Man kann nicht auf alles stolz sein. Froh sein über das Glück, hier geboren zu sein, ja. Aber das ist kein Patriotismus.

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WZ | Madeleine Geosits
Du spielst ganz bewusst mit Begriffen wie Vaterland, Heimat, Tradition. Willst du diese Wörter entlarven oder sie dekodieren?
Anna Buchegger
Ich finde, das sind Begriffe, da kriegt man gleich eine Gänsehaut. Sie sind so politisiert, dass viele sofort Distanz wollen. Aber das ist keine Lösung. Man sollte keine Berührungsängste haben. Ich will mich mit meiner Musik an diese Wörter herantrauen und die Konzepte dahinter vielleicht neu behaften.
WZ | Madeleine Geosits
Wir haben jetzt viel über Dialekt und kulturelle Elemente gesprochen. Wie erlebst den Wandel momentan in unserer Gesellschaft?
Anna Buchegger
Ich habe das Gefühl, dass durch die Globalisierung und Digitalisierung viel Diversität verloren geht. Viele sprechen Standardsprache oder Internet-Deutsch mit vielen Anglizismen. Das ist okay, Sprache verändert sich, das gehört dazu.Aber ich finde es schade, wenn etwas anderes dadurch verloren geht. Es nimmt ein Stück Eigenständigkeit. Man kann das nicht aufhalten, aber man kann das, woher man kommt, wertschätzen und tradieren.
WZ | Madeleine Geosits
Glaubst du, dass es zur Aufgabe von Künstler:innen gehört, Haltung zu zeigen?
Anna Buchegger
Ich glaube, alles ist politisch. Dafür bin ich zu sehr Feministin, als dass ich glauben könnte, dass etwas nicht politisch sein kann. Ich finde, dass jedes Genre seine Berechtigung hat. Es hört dann auf, wenn man andere Menschen verletzt, diskriminiert oder verschiedene persönliche Grenzen überschreitet. Aber für mich ist es einfach wichtig politisch zu sein, weil ich es geil finde, wenn Politik über eine Art von Kunstfigur ausgeübt wird.

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Infos und Quellen

Genese

WZ-CvD Madeleine Geosits beobachtet die Karriere und den Umgang von Anna Buchegger mit ihrem Salzburger Dialekt in der Musik schon länger. Mit der Veröffentlichung des neuen Albums ist sie erneut auf sie aufmerksam geworden.

Daten und Fakten

  • Anna Buchegger wurde 1999 in Salzburg geboren. Sie wuchs in der Gemeinde Abtenau (Tennengau/Salzburg) auf.
  • 2021 gewann Buchegger die ORF-Castingshow Starmania.
  • Im Oktober 2024 erschien ihr Debütalbum "Windschatten", 2025 veröffentlichte sie mit "Soiz" ihr zweites Album.
  • Die heute 26-Jährige beschreibt ihren musikalischen Stil selbst als "eine wilde Mischung".

Quellen

Das Thema in anderen Medien



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