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Georg Renner analysiert den ausverhandelten Sparplan der FPÖ und ÖVP.
Auch wenn FPÖ und ÖVP ihre eigentlichen Verhandlungen gerade erst gestartet haben: Eine erste Einigung haben sie schon präsentiert. Diesen Plan für etliche schnelle Korrekturen – soll heißen, solche, die noch heuer budgetwirksam werden sollen – hat Übergangs-Finanzminister Gunter Mayr bereits nach Brüssel geschickt, dort ist er abgenickt worden, sodass ein Defizitverfahren vorerst einmal abgewendet ist.
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Das kann sich aber theoretisch rasch ändern – im April wird der Finanzminister, wer auch immer das Amt dann innehat, die weiter aktualisierten Budget- und Prognosezahlen einmelden müssen; und je nach Wirtschaftsentwicklung könnte es dann noch einmal eng werden mit der Drei-Prozent-Hürde.
Geplante Einsparungen
Aber für heute schauen wir uns an, was FPÖ und ÖVP da ausverhandelt haben. Die Pressekonferenz, bei der Hubert Fuchs (F) und August Wöginger (V) die Details ihres „Konsolidierungspakets“ präsentiert haben, könnt ihr hier beim ORF nachschauen, das Finanzministerium hat seinen Briefwechsel mit EU-Finanzkommissar Valdis Dombrovskis hier auf seiner Website veröffentlicht.
Die Tabelle, die diesen Briefen beigelegt war, listet die von Blau und Schwarz geplanten Maßnahmen in ausgaben- und einnahmenseitige. Bleiben wir in dieser Systematik – und schauen uns zunächst die Einsparungen an:
Streichung Klimabonus: Die CO2-Abgabe (und deren Rabattierung für bestimmte Unternehmen und Bauern) bleibt, aber der 2022 als „Ausgleich“ eingeführte „Klimabonus“ wird ersatzlos gestrichen. Weil ÖVP und Grüne 2024 beschlossen haben, in Summe fast zwei Milliarden Euro als Klimabonus auszuzahlen, obwohl weniger als eine Milliarde Einnahmen durch die CO2-Abgabe hereinkommen sollte, macht diese Maßnahme allein fast ein Drittel des gesamten Volumens des Sparpakets aus.
Sachkosten in den Ministerien: Alle Ministerien sollen im Schnitt 15 Prozent ihres Sachaufwands (außer Mieten) kürzen. Hier stehen noch viele Fragezeichen, was das betreffen wird, genannt haben FPÖ und ÖVP unter anderem Regierungsinserate und Werkverträge.
Klimaförderungen: Sie sollen um 500 Millionen Euro sinken – etwa ein Sechstel des Betrags, der 2024 budgetiert war. Betroffen wird unter anderem die beliebte „Raus aus Öl und Gas“-Förderung sein.
Eisenbahnen: Neben der (eher symbolischen) Streichung des Gratis-Klimatickets für Unter-18-Jährige sollen hier diverse Bundesförderungen für Eisenbahnbau- bzw. Beschaffungsprojekte abgesagt oder zeitlich gestreckt werden.
Bildungskarenz: Die unter anderem vom Rechnungshof wegen Missbrauchsmöglichkeiten scharf kritisierte Weiterbildungsmaßnahme wird ersatzlos gestrichen – möglicherweise schon ab April.
Sonstige Förderungen: Das betrifft diverse Förderprogramme – das Finanzministerium nennt unter anderem die E-Auto-Ankaufförderung, den Waldfonds, das Programm für ländliche Entwicklung und Förderungen für Sportvereine. In Summe sollen hier 192 Millionen Euro weniger fließen.
Breitbandausbau: 150 Millionen will man bei der „Redimensionierung“ der bisher nur bedingt abgeholten Breitband-Förderung lukrieren.
Effektives Pensionsalter: Wie innerhalb des bereits laufenden Jahres so viele Menschen überzeugt werden sollen, zumindest etwas später in Pension zu gehen, dass dadurch heuer noch 150 Millionen Euro eingespart werden sollen, wird spannend zu beobachten.
Streichung Zuverdienstgrenze Arbeitslosigkeit: 82,5 Millionen Euro soll die weitgehende Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld bzw. der Notstandshilfe bringen – indem so mehr Menschen animiert werden sollen, schneller wieder Arbeit zu suchen, statt neben der Arbeitslosigkeit geringfügig zu arbeiten.
Handwerkerbonus: Die erst letztes Jahr als Teil der Wohnbauoffensive eingeführte Förderung soll schon Mitte des Jahres auslaufen statt bis Ende 2025 zu gelten.
Schuladministratoren: Ursprünglich sollte ein Pilotprojekt beerdigt werden, das Pflichtschulen administrative Fachkräfte zur Seite stellt, die Lehrer:innen entlasten sollen, sodass diese sich voll aufs Unterrichten konzentrieren können. Am Montag hieß es nun aber aus dem Bildungsministerium, man habe sich auf andere Einsparungen im Wert von 50 Millionen Euro geeinigt – Status: offen.
Geplante Abgaben
Auf der anderen Seite will aber auch die werdende blau-schwarze Regierungsmannschaft künftig mehr einnehmen. Ganz neue Steuern soll es zwar nicht geben, aber etliche Abgaben werden dann doch ausgeweitet bzw. erhöht:
Sonderdividenden: Rund 430 Millionen Euro sollen teilstaatliche Unternehmen wie die Beteiligungsgesellschaft Öbag heuer ausschütten, um das Budget zu balancieren. Nachteil: Allzu häufig kann man diesen Trick nicht vollbringen, also wird man dieses Geld in den Folgejahren anderswo auftreiben müssen.
Krankenversicherung: Derzeit zahlen Pensionist:innen einen ermäßigten Krankenversicherungsbeitrag von 5,1 Prozent ihrer Pensionssumme – während Arbeitnehmer:innen (bzw. deren Arbeitgeber:innen) 7,65 Prozent der Lohnsumme abgeben. Der Beitrag der Pensionist:innen dürfte auf sechs Prozent steigen.
PV-Umsatzsteuer: Seit vergangenem Jahr sind die meisten privaten Photovoltaik-Anlagen von der Umsatzsteuer befreit; diese Begünstigung dürfte Mitte des Jahres fallen.
Sonstige: Eine Reihe kleinerer Steuerbegünstigungen (etwa das Kilometergeld für Fahrräder) soll gekürzt bzw. gestrichen werden, in Summe im Umfang von 110 Millionen Euro.
E-Auto-Versicherung: Bisher waren Elektroautos von der jährlich fälligen motorbezogenen Versicherungssteuer ausgenommen – das soll sich jetzt ändern.
Gebühren: 65 Millionen erwartet man durch die seit Jahren überfällige Anpassung der Bundesgebühren an die Inflation, etwa bei der Ausstellung von Reisepass oder Führerschein.
Nebensteuern: Je 50 Millionen Euro mehr sollen die Ausweitung der Digitalsteuer auf Online-Werbung auf den Betrieb von Online-Plattformen oder den Verkauf von Nutzerdaten bringen. Der Lückenschluss bei der Grunderwerbssteuer auf „Share Deals“, bei denen mit Unternehmensanteilen auch Immobilien übertragen werden. Und die Tabaksteuer, die künftig auch „Tabak zum Erhitzen“ und Snus erfassen soll. Weitere 30 Millionen Euro soll eine Erhöhung der Glücksspielabgabe bringen.
Ein ziemlich umfangreiches Paket – aber wir sollten im Hinterkopf behalten, dass auch die Verhandler:innen darin nur einen Anfang sehen. Sehr wahrscheinlich wird in kommenden Jahren je nach Wirtschaftsentwicklung noch mehr gespart werden müssen – und ihr eigenes Reformprogramm ist hier noch kaum abgebildet.
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Infos und Quellen
Genese
Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.
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