Rund um das Tarockspiel ranken sich Mythen, Fehleinschätzungen und Vorurteile. Beginnen wir bei den Irrtümern, die mit der Geschichte des Spiels zu tun haben.
- Das Kartenspiel Tarock hat sich aus dem Wahrsagen mit Karten entwickelt. Das Gegenteil ist wahr. Einige Jahrhunderte lang hat man mit den Tarockkarten nichts anderes gemacht, als Karten gespielt. Erst im 19. Jahrhundert haben sich zwei oder drei Franzosen die Darstellungen auf den Karten der Renaissancezeit zunutze gemacht, um eine angeblich Jahrtausende alte Geschichte der Wahrsagekunst zu konstruieren - alles erstunken und erlogen ("Wiener Journal", Heft 45/2005).
- Tarock wird nur in Österreich gespielt und ist eine österreichische Erfindung. Tarock ist nachweislich im 14. Jahrhundert in Italien erfunden worden. Es wird heute nicht nur in Österreich gespielt, sondern auch in der Schweiz, in Tschechien, in der Slowakei, in Ungarn, in Slowenien, in Polen, in Rumänien, in der Ukraine - und natürlich im Ursprungsland Italien. Am meisten praktiziert wird es heute aber in Frankreich. Der nördliche Außenposten ist Dänemark. In Deutschland war es früher weit verbreitet, wird heute aber nur noch im Schwarzwald gepflegt. Dort heißt das Spiel "Cego".
- Der Sküs oder Gstieß ist ein Vorläufer des Joker. Natürlich ist der Gstieß wesentlich älter als der Joker. Der Joker hat sich aber nicht aus der ähnlich aussehenden Tarockkarte heraus entwickelt.
- Der Ausdruck "Pagat" kommt von italienisch "pagare" (= zahlen). Dies würde darauf hindeuten, dass man ihn oft verliert. Klingt aufs erste plausibel, ist aber falsch - eine Volksetymologie. In der Tat kommt "Pagat" von "bagatella" - Kleinigkeit. Der Volksmundausdruck "Spatz" (= kleiner Vogel) enthält denselben Gedanken.
- Der Uhu heißt so, weil auf Tarock II des heute gängigen "Industrie & Glück-Blattes" ein Reichsadler abgebildet ist. Demnach wäre "Uhu" ein abwertender Ausdruck für dieses Wappentier. Später hätte sich daraus der Name für eine Prämienansage entwickelt (Tarock II zum vorletzten Stich). In der Tat stammt die Ansage "Uhu" aus einem ungarischen Kartenspiel. Sie ist von dort in das ungarische Tarock aufgenommen worden und relativ spät nach Österreich gelangt. Eine Verbindung zum Wappentier auf Tarock II besteht nicht.
- Die Karte "Mond" heißt deshalb so, weil die italienischen Spielkarten diesen Himmelskörper gezeigt haben. Inzwischen wissen wir alle, dass das nicht stimmt, aber der Vollständigkeit halber wollen wir es hier anführen. Die Karte hat ursprünglich il mondo (= die Welt) geheißen. Daraus ist dann durch Verballhornung "der Mond" geworden und man hat auf die Karte einen Mond gezeichnet.
Jeder Spieler hält jene Variante für die beste, die er selbst spielt. Bei den Recherchen zu unserem "Großen Tarockbuch" haben wir festgestellt, dass viele Königrufer von der Existenz der Neunzehnerrufer keine Ahnung haben und umgekehrt. In der Steiermark hat man zu uns gesagt: "Droben in Wien spielts ihr ja nur Zwanzigerrufen!" Interessant war unsere Erfahrung, dass man in Kärnten hauptsächlich Tarock zu dritt spielt, und zwar mit 54 Karten. In Unkenntnis dieser Vielfalt entstehen Fehlmeinungen.
- Königrufen ist das interessanteste Tarockspiel. Spieltechnisch betrachtet ist das ungarische und das französische Tarock am interessantesten. Im ungarischen Tarock, einem Zwanzigerrufen mit Talon, gibt es nur Ruferspiele, das Lizitationsverfahren wurde um Bietmöglichkeiten des Bridge erweitert. Im französischen Tarock gibt es nur Spiele allein gegen drei und es wird mit 78 Karten gespielt. Das Spiel mit den Farben ist wichtiger als in Varianten mit 40 oder 45 Karten. Außerdem können sich die drei Gegner des Alleinspielers auf Konventionen stützen, um sich optimal abzustimmen.
- Tarock ist das interessanteste Kartenspiel. Spieltechnisch betrachtet ist Bridge um vieles interessanter, aber auch schwieriger. Vielen geht es aber gar nicht darum, ein besonders komplexes Kartenspiel zu beherrschen. Sie bevorzugen ein Kartenspiel mit mittlerem Schwierigkeitsgrad und wollen sich am Kartentisch optimal entspannen.