Auschwitz. Die internationale Gedenkfeier im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau steht zum 70. Jahrestag der Befreiung im Zeichen der Überlebenden. Rund 300 der inzwischen hochbetagten früheren Häftlinge wollen am Dienstag an die Opfer erinnern, die Auschwitz nicht überlebt haben.

Unter nationalsozialistischer Herrschaft waren in dem Lager mindestens 1,1 Millionen Menschen vergast, zu Tode geprügelt oder erschossen worden oder an Krankheiten und Hunger gestorben. Eine Million waren Juden.

Fotostrecke 0 Bilder

Überlebende werden reden
Vor Staats- und Regierungschefs sowie Regierungsmitgliedern aus rund 40 Ländern werden drei ehemalige Auschwitz-Häftlinge stellvertretend für die rund 300 anwesenden Überlebenden das Wort ergreifen. Als einziger Politiker wird der polnische Staatspräsident Bronislaw Komorowski ein kurzes Grußwort sprechen.

Österreich ist durch Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) bei der Gedenkveranstaltung vertreten. Auch nehmen weitere Staatsgäste teil, darunter der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, Frankreichs Staatschef Francois Hollande und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko. Auch in Jerusalem, New York, Prag und anderen Städten wird am Dienstag an die Holocaust-Opfer erinnert.

Mahnende Worte
Der russische Präsident Wladimir Putin ist bei dem Gedenken in Auschwitz nicht dabei. In Russland gab es zum Teil empörte Reaktionen, dass er als Vertreter der Befreier nicht explizit als Ehrengast eingeladen worden war. Die Gedenkstätte Auschwitz wies darauf hin, dass die Gedenkfeier nicht von der Warschauer Regierung organisiert werde. Es sei jedem frei gestellt sei, zu kommen. Offizielle Einladungen habe Polen an niemanden verschickt.

Am Vorabend der Feier gab es mahnende Worte zum Antisemitismus in Europa. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bezeichnete es am Montag in Berlin als "eine Schande", dass in Deutschland heute Menschen angepöbelt, bedroht oder angegriffen würden, wenn sie sich als Juden zu erkennen geben oder sich etwa zu Israel bekennen. Dass Synagogen oder jüdische Einrichtungen unter Polizeischutz stehen, "lastet wie ein Makel auf unserem Land".

Tschechiens Präsident Milos Zeman erklärte beim internationalen Holocaust-Forum des European Jewish Congress in Prag seine Solidarität mit allen Verfolgten. "Ich bin ein Jude", sagte Zeman bei der Gedenkveranstaltung am Montagabend. Ungarns Regierungschef Viktor Orban erklärte, er erkenne die Komplizenschaft seines Landes im Holocaust an. "Wir waren ohne Liebe und unentschlossen, als wir hätten helfen sollen", sagte Orban am Montag in Budapest. "Und sehr viele Ungarn haben sich zum schlechten Handeln entschlossen statt zum guten, zu beschämenden Aktionen statt zu ehrenwerten."

Als Soldaten der Roten Armee am 27. Jänner 1945 Auschwitz befreiten, fanden sie dort rund 7.500 kranke und entkräftete Häftlinge, die die SS zurückgelassen hatte, als sie Zehntausende Gefangene auf die Todesmärsche in den Westen zwang. Das Lager im Süden des besetzten Polen war das größte der NS-Vernichtungslager. Die allermeisten Opfer waren Juden. Aber auch Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene, Polen, Homosexuelle und politische Häftlinge wurden in Auschwitz getötet.

Nach einem Beschluss der UNO-Staaten wird seit 2006 alljährlich am 27. Jänner der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.