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Alleingelassen, nicht nur in Cannes

Von Alexandra Zawia und Matthias Greuling

Analysen

Brav strömen sie nun daher, die Gratulationen zum "österreichischen Film", den Michael Haneke mit der Goldenen Palme für seinen Film "Amour" zu neuen Höchst-Ehren geführt hat. Von Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bis zu Ministerin Claudia Schmied beglückwünschen die Politiker den Filmemacher - und einander.

Jetzt, nach dem Sieg. Davor hatte sich Haneke in Cannes etwas stiefmütterlich behandelt gefühlt - ein Gefühl, das wohl viele heimische Filmemacher kennen. Zur Weltpremiere von "Amour" , einer zu 70 Prozent mit französischem Geld finanzierten Koproduktion, waren hochrangige Kulturpolitiker an die Croisette gekommen, auch die Minister von Deutschland und Frankreich. Nur aus Österreich kam niemand. Claudia Schmied war am Vorabend des Festivals zwar noch am Flughafen Schwechat gesichtet worden, allerdings auf dem Weg nach Kärnten, nicht nach Cannes.

"Etwas peinlich", empfand das Haneke, von der APA dazu befragt. Nicht, weil ihm die Anwesenheit von Schmied wichtig sei, sondern: "Es ist schade für den österreichischen Film. Da geben alle ihre Sprüche an die Presse und gratulieren, aber es passiert nicht viel - das ist leider so. Ich habe früher versucht, mich in die Filmpolitik einzumischen, aber jetzt kümmere ich mich lieber um meine Filme. Das reicht."

An Reputation mangelt es Österreichs Kunstkino nicht: Weltweit gab es teils begeisterte Kritiken für Haneke und auch für Ulrich Seidl, den zweiten Österreicher in Cannes. Nur im eigenen Land will trotz Oscars, Globes und Palmen keine rechte Stimmung aufkommen: Als am Sonntag um 19.45 Uhr Haneke die Goldene Palme bekam, wertete das im ORF, der "Amour" kofinanzierte, niemand als große Sensation; und man sah keine Veranlassung, die für 0.15 Uhr angesetzte Sondersendung vorzuverlegen.

Doch Haneke und Seidl allein repräsentieren nicht das gesamte österreichische Filmschaffen: Für dessen viele Ausformungen ist noch immer viel zu wenig Fördergeld vorhanden; und viele Filmemacher weichen auf billigere Dokumentarfilmproduktionen aus. Die Politik könnte die Filmfördersummen den viel größeren Theater- und Musik-Fördertöpfen zumindest ein wenig annähern und damit auch die Spielfilmproduktion im eigenen Land stärken.

Natürlich ist das schwierig in Sparzeiten. Was nichts kostet: dabei zu sein, wenn österreichische Künstler zu Weltruhm gelangen, auch ohne Vorab-Garantie.