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"Game Over" gibt es nicht

Von Katharina Schmidt

Analysen

Im großen Schwurgerichtssaal im Klagenfurter Landesgericht haben sie einander vergangene Woche die Klinke in die Hand gegeben. Zuerst stand Kärntens ÖVP-Chef Josef Martinz in der Birnbacher-Causa vor dem Richter. Am Freitag war es dann FPK-Chef Uwe Scheuch, der zerknirscht das Urteil in der "Part of the Game"-Affäre entgegennehmen musste: sieben Monate bedingte Haft und eine Geldstrafe von 150.000 Euro.

Hält der Richterspruch auch in der Berufung, führt er - anders als das Ersturteil - nicht zu einem automatischen Amtsverlust für Scheuch. Und an einen Rücktritt denkt der Kärntner Landeshauptmannstellvertreter freilich gar nicht. Dieses Verhalten ist symptomatisch für den Umgang mit politischem oder strafrechtlich relevantem Fehlverhalten in Österreich: Neben Scheuch und Martinz (wobei Letzterer immerhin seine Ämter als Landesrat und Aufsichtsratsvorsitzender der Kärntner Landesholding zurückgelegt hat) gibt es zahlreiche andere Beispiele für die Rücktrittsunkultur in Österreich. So sitzen mit Susanne Winter (FPÖ) und Peter Westenthaler (BZÖ) zwei rechtskräftig verurteilte Politiker im Nationalrat. Selbst der über die Lobbying-Affäre gestolperte Ex-Innenminister Ernst Strasser ließ sich erst zum Rücktritt als EU-Mandatar bewegen, als ihm der damalige ÖVP-Chef Josef Pröll keine Wahl mehr ließ. Dies leitete einen eineinhalb Jahre andauernden Reigen unfreiwilliger Rücktritte bei der ÖVP ein.

Bei der FPÖ und ihrem Kärntner Ableger FPK ist man so weit noch nicht. Dort ist schnell von "Politjustiz" einer "linken Jagdgesellschaft" die Rede. Begünstigt wird diese Kampfrhetorik durch Patzer bei der Justiz: Im Fall Scheuch hält sich das Gerücht, dass das Oberlandesgericht Graz nach einer Möglichkeit gesucht habe, den Fall ans Erstgericht zurückzuverweisen. So konnte sich Scheuch strafmildernd reuig zeigen. Das OLG hätte laut OGH-Präsident Eckart Ratz auch selbst den Verstoß gegen das Überraschungsverbot, der zum zweiten Rechtsgang geführt hat, bereinigen können.

Mit solcherart umstrittenen Entscheidungen macht sich die Justiz angreifbar und liefert den Betroffenen eine Steilvorlage, ihre Entscheidungen in Zweifel zu ziehen und zu ignorieren. Gleichzeitig geraten die Verfahren in Vergessenheit, je länger sie dauern. Fairerweise muss man anmerken, dass Letzteres auch strukturellen Problemen geschuldet ist.

Aber gemeinsam mit der weit verbreiteten Annahme, dass Rücktritte aus freien Stücken keine politische Notwendigkeit darstellen, führt dies dazu, dass es in Österreich "Game Over" für Politiker, wie es die Grünen Scheuch nahelegen, schlicht nicht gibt.