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Frankreichs kleiner Schritt, der in Europa Schule machen könnte

Von Stefan Melichar

Analysen

Steuern auf Finanzgeschäfte - so hitzig sie auch diskutiert werden - sind in Europa per se keine Seltenheit: Laut EU-Kommission gibt es ohnehin in zehn Staaten der Union eine Form einer Finanztransaktionssteuer. Jene Maßnahmen, die am Dienstag in Frankreich in Kraft getreten sind, könnten dennoch eine von Grund auf neue Entwicklung einläuten.

Dabei geht es weniger um die - gerne als Hauptpunkt der Reform dargestellte - Abgabe von 0,2 Prozent auf Käufe von Aktien jener 109 börsenotierten französischen Unternehmen mit einem Börsewert von mehr als einer Milliarde Euro: Steuern auf Aktien- und andere Wertpapiergeschäfte gibt es schließlich auch in anderen Ländern - unter anderem in Großbritannien oder Belgien. Bemerkenswert ist Frankreichs neue Regelung deshalb, weil diese nicht ausschließlich darauf ausgerichtet ist, dem Staat Geld in die Taschen zu spülen. Es wird nämlich darüber hinaus der Versuch unternommen, einige - bei Politikern als unerwünscht geltende - Transaktionsarten durch die steuerliche Zusatzbelastung überhaupt einzudämmen.

So fällt eine Abgabe von 0,01 Prozent auf Geschäfte im computergesteuerten Hochfrequenz-Aktienhandel an, wenn ein Marktteilnehmer Kauf- und Verkaufsaufträge zu oft pro Tag verändert oder storniert. Der Hochfrequenzhandel gilt als eine Ursache unkontrollierbarer Kursschwankungen. Ebenfalls mit einer 0,01-prozentigen Abgabe bestraft werden Käufe von Kreditausfallsversicherungen (CDS) auf Staatsanleihen von EU-Ländern. Derartige Geschäfte können unter Umständen Wetten auf Staatspleiten darstellen.

Frankreichs Finanztransaktionssteuer ist weit entfernt von der Ursprungsidee einer sogenannten Tobin-Steuer auf Währungsgeschäfte oder auch von den Vorschlägen der EU-Kommission von Herbst 2011, die auf eine breitere Palette an Transaktionen abzielen. Das Gesetz, das - von den Grundzügen her - übrigens noch Ex-Präsident Nicolas Sarkozy auf den Weg gebracht hat, hat zwar den Kommissionsvorschlag im Auge. Im Unterschied zu diesem geht Frankreich aber deutlich differenzierter vor: Sowohl für die Steuer auf den Hochfrequenzhandel als auch für jene auf CDS gibt es Ausnahmeregelungen, die unerwünschte Nebeneffekte verhindern sollen. Damit qualifiziert sich das französische Modell als Vorbild für jene Staaten, die - miteinander abgestimmt - rasch ähnliche Steuern einführen wollen.