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Und die Wirtschaftskammer- Chefin ist ja doch politisch

Von Christian Rösner

Analysen

Jank zieht ins Parlament und soll mit Sebastian Kurz die Landesliste anführen.


"Ich habe keine parteipolitische Position, sondern vertrete nur die Interessen der Wiener Wirtschaftsbetriebe", pflegte Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank stets zu sagen, wenn Journalisten sie um politische, vor allem parteipolitische Statements baten.

Dass Jank jetzt für die Nationalratswahl auf Platz eins der Landesliste vor Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz kandidiert, könnte da für einige Veränderungen sorgen. Zumal die von Jank bisher noch nicht öffentlich kommentierte Kandidatur eine Vielzahl von Fragen aufwirft: Warum wendet sie sich plötzlich von ihrem bisherigen Credo ab? Wird sie als Nationalratsabgeordnete weiterhin Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer bleiben? (In parteiinternen Kreisen meint man ja.) Aber falls nein, wer steht als Nachfolger zur Disposition? Wird Jank weiter ihrem Job als Immobilientreuhänderin nachgehen?

Und ist das wirklich der richtige Karriere-Schritt für Jank, die bereits 2010 abgewunken hatte, als sie als potenzielle Nachfolgerin von Christine Marek gehandelt wurde? Und das vor dem Hintergrund, dass vonseiten der Wiener Wirtschaftskammer immer wieder kolportiert wurde, dass Jank einmal Christoph Leitl beerben könnte?

Der Wiener ÖVP ist mit dieser Entscheidung freilich ein guter - und eigentlich längst überfälliger - Schachzug gelungen: Mit Jank will man der Wiener Partei endlich wieder das zurückgeben, was viele ihrer Wähler in den vergangenen Jahren vermisst haben: Wirtschaftskompetenz. Und die sogar in weiblicher Form.

Und mit der geplanten Doppelspitze Brigitte Jank/Sebastian Kurz versucht man noch zusätzlich jugendlichen Esprit in die Sache hineinzubringen. Vorbei sind die Zeiten einer zerstrittenen, veränderungsunwilligen Stadtpartei, der die Wienerische Bürgerlichkeit abhanden gekommen ist. Und vielleicht greift ja der Wirtschaftsbund, dessen Landeschefin Jank selbst ist, der Wiener Partei auch bei der Wahlkampffinanzierung unter die Arme. Die Weichen dafür werden jedenfalls am Montagabend gestellt, wenn der Landesparteivorstand die Liste absegnet.

Ob Jank dann weiterhin Kammerpräsidentin bleibt, ist wiederum mehr eine Frage der Optik als eine der Möglichkeit - schließlich sitzt Niederösterreichs Kammerpräsidentin Sonja Zwazl auch im Bundesrat. Dass die Parteilinie nicht unbedingt immer mit den wirtschaftlichen Interessen einhergehen muss, ist allerdings auch kein Geheimnis. Das ist insofern relevant, als sich Jank bisher nie scheute, im Interesse der Wiener Unternehmen auch einmal gegen die Parteilinie zu sprechen. Abgesehen davon gibt es wenige Interessensvertreter, die im Nationalrat sitzen.

Die Frage ist natürlich auch, ob es bei dieser Rochade ausschließlich darum geht, die Wiener Partei für die Nationalratswahl zu positionieren. Vielleicht steckt auch eine weitergreifende Strategie dahinter und man versucht Jank für eine mögliche Regierungsbeteiligung nach der Wahl in Stellung zu bringen. Schließlich war auch Johannes Hahn Spitzenkandidat in seinem eigenen Bundesland, bevor er 2007 zu Ministerehren kam. Und dass der Wirtschaftsbund - dessen Landeschefin wie bereits erwähnt Jank selbst ist - stets die ÖVP-Wirtschaftsminister bestellt hat, spricht ebenfalls für sich.

Auf der anderen Seite ist es wiederum schwer vorstellbar, dass Jank Reinhold Mitterlehner verdrängt. Sofern der ÖVP im Falle einer Regierungsbeteiligung überhaupt so viele Ministerposten zur Verfügung stehen werden. Auf jeden Fall wird die Wiener Wirtschaftskammerpräsidentin nach neun Jahren in dieser Position nicht plötzlich zur Politikerin, nur weil sie die Wiener ÖVP retten will.