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Teheran reibt sich nach Abdullah-Tod die Hände

Von Arian Faal

Analysen

Neue Konstellationen im Machtkampf zwischen Sunniten und Schiiten um Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten.


Der geostrategische Erzrivale Iran hat zwar sofort zum Ableben des saudischen König Abdullah kondoliert. Doch hinter den Kulissen dürften sich die Machthaber im schiitischen Gottesstaat nach dem Hinscheiden des greisen sunnitischen Königs die Hände gerieben haben. Denn die wegen des angeblich schlechten Gesundheitszustands von Abdullahs Nachfolger Salman monierte Destabilisierung der Führungszentrale in Riad eröffnet neue Konstellationen rund um die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten. Denn abseits der Terrorakte der extremistisch-sunnitischen Miliz "Islamischer Staat" (IS) werden die Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten in der Region von Teheran und Riad gesteuert. Der Zwist um die Benennung des Golfes - Persischer oder Arabischer Golf - ist ein symptomatischer Ausdruck dieser Fehde.

Fünf wichtige Themen

Saudi-Arabien muss sich nach dem Thronwechsel jedenfalls nolens volens mit fünf wichtigen Themen beschäftigen, die wegen dem Gesundheitszustand von Abdullah seit zwei Jahren in der Luft hängen: Mit der langfristigen Nachfolgefrage, mit den inneren Querelen und sozialen Unruhen, deren Vorboten sich in sozialen Netzwerken mehr und mehr zeigen, mit der Wirtschaftslage im Schatten der Talfahrt des Ölpreises, mit der internationalen Kritik wegen den Menschenrechtsverletzungen und, vielleicht außenpolitisch am wichtigsten, mit dem Erstarken des Iran in der Region.

Doch zu früh freuen sollten sich die Perser nicht, denn auch in Teheran hat ein kranker Herrscher das Zepter in der Hand: Ayatollah Seyed Ali Khamenei, 75. Seine Nachfolge ist noch nicht geregelt und es werden wie in Riad Grabenkämpfe innerhalb der einzelnen Lager befürchtet. Zudem ist der Atomstreit mit dem Westen nicht gelöst, die Wirtschaft des Iran steht nach wie vor am Rande des Abgrunds. Das politische und strategische Gleichgewicht in der Region scheint derzeit insofern durcheinandergewirbelt, da der Iran in vielen Ländern, die um Saudi-Arabien liegen, seine politischen, militärischen und wirtschaftlichen Finger im Spiel hat.

Die jüngste Erstarkung der Houthi-Rebellen im Jemen, die von Teheran unterstützt werden, sind nur die Spitze eines Eisberges. Auch in Bahrain, im Libanon, im Irak und in Syrien setzt Teheran alle Mittel ein, um die sunnitische Handschrift möglichst mager zu halten. Daher ist zu erwarten, dass auch der neue saudische König Salman jenes Credo seines verstorbenen Bruders als Leitsatz nehmen wird, nämlich "der Schlange (Iran, Anm.) den Kopf abzuhacken". Die saudische Führung muss in Zeiten der vorsichtigen Annäherung zwischen Washington und Teheran einiges unternehmen, um Teherans Einfluss in der Region nicht zu groß werden zu lassen und den Schlüsselverbündeten Washington nicht zu verlieren. Abdullah hatte in diesem Zusammenhang noch selbst die "Notbremse" gezogen und bei der Atom-Verhandlungsrunde in Wien seinen Außenminister nach Österreich geschickt, um seinem US-Amtskollegen John Kerry vor einem "billigen Deal mit dem Iran" zu warnen.