Wien. Violett halten ziemlich viele für eine wunderschöne Farbe. Veilchen und Flieder blühen in dieser Fasson, und die Fußballer von Austria Wien laufen so bei Heimspielen auf. Was als Mischung von Rot und Blau als Farbton perfekt funktioniert, ist politisch heiß umstritten. Sozialdemokratie und Freiheitliche eint eine wechselvolle Beziehung, die seit Jahrzehnten von einer innig gepflegten Abneigung geprägt wird. Dabei gab es davor und seitdem durchaus Phasen kühl kalkulierter Partnerschaft, die mitunter offen gelebt, manchmal verschämt praktiziert wurden.

Die Natur der politischen Beziehungen von Rot und Blau ist für viele in der Kanzlerpartei Emotion pur, rührt sie doch - gemessen an der eigenen Rhetorik - am Kern linker Politik: dem Anti-Faschismus. In der Politik bestimmen Gefühle allerdings selten allein den Gang der Dinge. Es gibt da auch noch so Nebensächlichkeiten wie sachpolitische Interessen und machtpolitische Überlegungen. Und mitunter kann es dann passieren, dass Emotionen Mittel zum Zweck werden - ungeachtet der bestehenden weltanschaulichen und sachpolitischen Unterschiede. Auch eine Politik der Gefühle ist selten ein kopfloses Unterfangen.

Das Sprichwort "der Feind meines Feindes ist mein Freund" gilt nicht nur für militärische Auseinandersetzungen, sondern auch für die Politik, diese friedliche Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Und die Sozialdemokraten und das ehemalige dritte Lager standen einander im Verlauf der Geschichte nicht immer als Gegner oder zumindest als Konkurrenten auf verschiedenen Seiten gegenüber, sondern hatten immer wieder auch gemeinsame Interessen. Zu Beginn ihrer Geschichte am Ende des 19. Und zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren das etwa der Kampf gegen den politischen Einfluss der katholischen Kirche, der Einsatz für eine Ausweitung des Wahlrechts oder das Eintreten für einen Anschluss des kleinen Deutsch-Österreichs an das viel größere Deutschland.

Nach 1945 versuchten dann SPÖ und ÖVP die aus dem Verband der Unabhängigen (VdU) hervorgegangene FPÖ als Drohkulisse gegen die jeweils andere Großpartei zu instrumentalisieren. Der schwarze Säulenheilige Julius Raab drängte mit einer solchen Finte - er avisierte 1953 dem sozialdemokratischen Bundespräsidenten Körner eine schwarz-blaue Koalition, im Wissen, dass dieser ablehnen würde - seinen Freund Leopold Figl aus dem Kanzleramt. 1970 erkaufte sich dann die SPÖ unter Bruno Kreisky die Unterstützung der Blauen für eine rote Minderheitsregierung mit der Zusage einer Wahlrechtsreform auf Kosten der bis dahin bevorzugten ÖVP, von der die FPÖ überproportional profitierte.