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Der Fürst muss in die Finsternis

Von Alexander Dworzak

Analysen

Stephen Bannons Abgang beim Online-Portal "Breitbart" bedeutet nicht das Ende der US-Rechtsaußenbewegung.


Washington/Wien. Stephen Bannon ist ein Mann der biografischen Brüche und Widersprüche. Er verdiente einst Millionen Dollar bei einem Aushängeschild des weltweit agierenden Kapitals, der Investmentbank Goldman Sachs. Und wandelte sich zum selbst ernannten ökonomischen Nationalisten, dem die Globalisierung zuwider ist. Er hasst die Linke. Aber bezeichnete sich als Leninisten; schließlich wollte auch der Revolutionär den Staat in seiner bestehenden Form zerstören.

Permanente Revolte wurde in den vergangenen Jahren zur maßgeblichen Kontinuität im Leben von Stephen Bannon. Als Donald Trumps Kampf um das Amt des US-Präsidenten aussichtslos schien, machte er den Kopf von "Breitbart" zu seinem Kampagnenchef. Das passte, schließlich schrieb sich das Online-Portal "America first" seit Jahren auf seine Fahnen, und zwar in der Denkweise der Alternative-Right-Bewegung: die Vereinigten Staaten als weißer, nationalistischer, autoritärer, frauenfeindlicher und sozialdarwinistischer Hort.

"Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das ist Macht"

Mit Trump zog 2017 auch Bannon ins Weiße Haus ein. Und mit einer Mischung aus Abscheu und heimlicher Bewunderung berichteten die Medien über das Treiben des Chefstrategen an der Pennsylvania Avenue 1600, Washington, DC. Dass der 64-Jährige in einem Interview mit "Amercian Prospect" seinen Chef in Sachen Nordkorea widersprach und sich als treibende Kraft inszenierte, brachte ihm den Spitznamen "President Bannon" ein. Mit dem Narzissmus des tatsächlichen Staatschefs ließ sich das nicht vereinbaren, ebenso wenig wie Bannons ständige Scharmützel mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, Stabschef John Kelly und dem nationalen Sicherheitsberater H.R. McMaster. Auch Medienmodul Rupert Murdoch, dessen TV-Kanal Fox News Haussender Trumps ist, soll unter den Bannon-Gegnern gewesen sein.

Ein weiterer Beiname Bannons lautete "Fürst der Finsternis", abgeleitet aus einem Gespräch mit dem "Hollywood Reporter": "Die Dunkelheit ist gut. Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das ist Macht."

Binnen eines halben Jahres ist er aus gleich zwei Machtzentren vertrieben worden. Erst im August von Trump aus dem Weißen Haus. Und nun, nach seiner Rückkehr zu Breitbart, von seinem ureigensten Hof. Dort stellte sich die Milliardärsfamilie Mercer als Miteigentümerin auf die Seite des Präsidenten und gegen Bannon.

Denn ausgerechnet er, der gesellschaftliche Stimmungen, Unzufriedenheit und Ressentiment aufgreifen und medial verstärken kann, scheitert abermals an seinem Umgang mit Journalisten. Bannon servierte Michael Wolff Einblicke aus dem Innersten von Trumps Machtzentrum, die wieder die Frage nach dessen geistiger Einigung für das einflussreichste Amt der Welt aufwerfen. Genauso unverzeihbar wie die Bloßstellung Trumps ist für den Präsidenten der Angriff seines früheren Chefstrategen auf Donald Trump jr. Dessen Treffen mit einer russischen Anwältin um über belastendes Material über Hillary Clinton zu sprechen, nannte Bannon "unpatriotisch".

Ein Unding für den Familienmenschen Trump. Und auch die Familie Mercer, zu der Bannon ein inniges Verhältnis hat, bezog Stellung: Der Fürst muss in die Finsternis. Das ist eine gute Nachricht für das republikanische Establishment, ebenfalls Ziel von Bannons Zerstörungsfuror. Die Alt-Right-Bewegung mag nun personell geschwächt sein. Aber Bannon wird wieder auftauchen. Der rechtsextreme Geist, den Breitbart und ähnliche Portale verbreiten, bleibt ohnehin.