In der gegenwärtigen Krise in Ägypten, die von den schwersten Unruhen seit dem Abgang von Langzeitherrscher Hosni Mubarak begleitet wird, sind hauptsächlich folgende Akteure auszumachen:

DAS MILITÄR: Es ist vor allem die Wut auf den regierenden Militärrat unter Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, die sich derzeit entlädt. Den Streitkräften, die über ein gewaltiges Industrieimperium verfügen und von 1,3 Milliarden Dollar US-Militärhilfe jährlich profitieren, wird vorgeworfen, Mubaraks alte Seilschaften an der Macht zu halten. Tantawi war 20 Jahre lang Verteidigungsminister unter Mubarak. Dem Militär werden auch Menschenrechtsverletzungen und Folter zur Last gelegt. Die Demonstranten werfen den Generälen vor, ihre Macht nicht wie versprochen abgeben zu wollen. Grund sind vor allem geplante Verfassungsrichtlinien, die Vize-Regierungschef Ali al-Selmi formuliert hat und die vorsehen, dass das Militär über dem Parlament steht und der Armee weitgehende Autonomie garantiert wird. Jeder ägyptische Präsident seit dem Sturz der Monarchie vor sechs Jahrzehnten kam aus den Streitkräften. Die Armee ist ein Staat im Staate - nicht nur mit eigener Gerichtsbarkeit, sondern auch mit eigenen Firmen.

DIE POLIZEI war schon unter Mubarak sehr verhasst. Die Sicherheitskräfte galten im Land als korrupt und brutal. Auch bei den aktuellen Protesten wird der Polizei ein unverhältnismäßiges Vorgehen gegen die Demonstranten vorgeworfen. Die Jugendbewegung fordert daher einen Komplettumbau des Innenministeriums sowie des Sicherheitsapparats.

DIE MUSLIMBRUDERSCHAFT: Die Islamisten waren unter Mubarak verboten. Heute gelten sie als stärkste organisierte Oppositionskraft. In ihrer Programmatik bekennen sie sich zur Errichtung eines islamischen Staates auf der Grundlage der islamischen Rechtsprechung. In der aktuellen Krise halten sie sich aber zurück. Sie kündigten an, nicht an weiteren Protesten teilzunehmen, und sprachen sich zugleich für einen Dialog mit dem regierenden Militärrat aus. Allerdings stößt dieses Verhalten insbesondere den Jugendlichen in der Organisation auf.

DIE SALAFISTEN: Radikaler als die Muslimbruderschaft sind die fundamentalistischen Salafisten. Sie haben angekündigt, an den Protesten gegen den Militärrat teilzunehmen. Salafisten sind nach dem Umsturz aufgefallen, weil sie vereinzelt Alkoholläden und Sufi-Schreine angriffen mit der Begründung, diese seien unislamisch. Jüngst sorgte die Salafisten-Partei Al-Noor für Wirbel, weil sie auf einem Wahlplakat das Bild einer Kandidatin durch eine Blume ersetzte.

DIE JUGENDBEWEGUNG: Zu den Protesten ruft - wie schon während des Arabischen Frühlings - auch die Jugendbewegung auf, darunter die Gruppe "6. April". Die Initiative ist vor allem auf der Internet-Plattform Facebook sehr aktiv.

DIE SÄKULAREN KRÄFTE: Liberale und sozialistische Parteien nehmen ebenfalls an dem Protest teil. Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei, ehemaliger IAEO-Chef, bekundete den Demonstranten im Vorfeld seine Sympathie und forderte eine zivile Übergangsregierung. Der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, verlangte einen Zeitplan für die Präsidentschaftswahl. Er warnte aber vor einem übereilten Rückzug des Militärrats. Mussa macht sich Hoffnungen auf das Präsidentenamt. Auch ElBaradei hält sich bereit für eine wichtige Aufgabe. (apa)