Washington/Damaskus. Krieg oder Frieden? Auch wenn US-Präsident Barack Obama einen Militärangriff in Syrien befürwortet, will er zuerst den Kongress darüber abstimmen lassen. Die Abstimmung werde stattfinden, sobald die Abgeordneten aus der Sommerpause zurück seien. Obama selbst sei der Meinung, dass die USA militärisch eingreifen müssten, sagte der US-Präsident am Samstag im Rosengarten des Weißen Hauses. Planmäßig soll der Kongress erst am 9. September wieder tagen. Obama dürfte auf die Zustimmung im Senat zählen können, wo seine Demokraten die Mehrheit haben. Dagegen gilt eine Unterstützung durch das von den Republikanern dominierte Repräsentantenhaus alles andere als sicher.
Militärschlag kann jederzeit starten
US-Generalstabschef Martin Dempsey habe ihn informiert, dass die im östlichen Mittelmeer stationierten amerikanischen Streitkräfte jederzeit bereit für einen Angriff seien, fügte der US-Präsident hinzu. Eine mögliche Intervention sei zudem zeitunabhängig und könne "morgen, in der nächsten Woche oder in einem Monat" stattfinden. "Wir können nicht die Augen davor verschließen, was in Damaskus passiert ist", erklärte Obama. Einmal mehr betonte er, dass ein möglicher Angriff begrenzt sein werde. Der US-Präsident äußerte sich nicht auf eine Journalisten-Frage, was er im Falle eines Neins des Kongresses tun werde.
"Ich bin bereit, den Befehl zu geben", erklärte Obama indessen. Die USA seien aber stärker, wenn die Entscheidung vom Kongress getragen werde. Deshalb bitte er um dessen "Autorisierung". Allen voran wohl auch deswegen, weil der Kongress Budgethoheit hat - er müsste somit auch die Rechnungen für eine Militärintervention begleichen.
Das Weiße Haus hatte zuvor den Spitzen von Senat und Repräsentantenhaus am Samstagabend (Ortszeit) einen Resolutionsentwurf übermittelt, der den Präsidenten zu einem "angemessenen" Einsatz des US-Militärs im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Giftgasangriff durch die syrische Führung ermächtigt. Das Ziel sei, in Syrien "Einsatz und Verbreitung" von Massenvernichtungswaffen zu verhindern und die USA und ihre Verbündeten gegen die Gefahren dieser Waffen zu schützen. In dem Text heißt es weiter, dass die Unterstützung durch den Kongress für ein militärisches Vorgehen "ein klares Signal der amerikanischen Entschlossenheit" senden würde.
Innerhalb der USA ist die Opposition gegen einen Militärschlag jedenfalls weiterhin stark. Laut einer aktuellen IPSOS-Umfrage sind weiterhin rund 53 Prozent der Amerikaner gegen eine Intervention im Bürgerkriegsland. Während Obamas Rede demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen einen Angriff in Syrien.
US-Kongress will Anfang September abstimmen
Nach der Ankündigung von Obama will das Repräsentantenhaus offenbar nicht vorzeitig aus seiner Sommerpause zurückkehren. Das Repräsentantenhaus werde in der Woche ab dem 9. September entscheiden, hieß es in einer Mitteilung des republikanischen Sprechers John Boehner vom Samstag. "Das gibt dem Präsidenten Zeit, den Kongress und die Bevölkerung von seinem Vorhaben zu überzeugen."
Seine Meinung zu einer US-Intervention habe Obama offenbar in allerletzter Minute geändert, erst Freitagnacht habe er entschieden, vor einem militärischen Eingreifen den Kongress zu befragen und das, obwohl im seine Berater davon abgeraten hätten, sagen ranghohe Mitarbeiter des Weißen Hauses, die anonym bleiben wollten. Die Beamten erklärten zudem, mit einer Zustimmung zu den Interventionsplänen im Kongress zu rechnen.
Aus dem Umfeld des französischen Premiers Francois Hollande hieß es Samstagabend, Obama habe Hollande vor seiner Rede telefonisch informiert. Hollande habe dabei betont, Syrien weiter für den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff am 21. August sanktionieren zu wollen. Hollande verstehe jedoch, dass die USA grünes Licht vom Kongress einholen wollten. Der britische Premier David Cameron teilte außerdem via Twitter mit, dass er Obamas Entscheidung verstehe und unterstüze.
Syrien-Bericht der UNO dauert
Unterdessen gab die in Den Haag ansässige Organisation für das Verbot von Chemiewaffe bekannt, dass die Laboruntersuchungen zur Auswertung der von den UNO-Experten genommenen Proben zu einem mutmaßlichen Giftgaseinsatz "bis zu drei Wochen" dauern können. Alles werde getan, "um den Prozess zu beschleunigen", hieß es. Anschließend würden die Experten ihren Bericht UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon vorlegen. Die UNO-Experten hatten den Auftrag herauszufinden, ob im syrischen Gewaltkonflikt Chemiewaffen eingesetzt wurden. Durch wen Giftgas eingesetzt wurde, ist nicht Ziel der Ermittlungen. Allerdings können die Ergebnisse Indizien dazu liefern. sagte er.
Die UN-Chemiewaffenexperten waren nach ihrem Syrien-Einsatz am Samstag in den Niederlanden eingetroffen. Ihre Proben werden laut einem Sprecher der in Den Haag ansässigen Organisation für das Verbot von Chemiewaffen nun "in ein halbes Dutzend Labors in der Welt gebracht".