Washington/Damaskus. Die USA haben offenbar Beweise, dass im Bürgerkriegsland Syrien der Nervenkampfstoff Sarin eingesetzt wurde. Die USA hätten entsprechende Proben erhalten und diese positiv auf das Giftgas getestet, erklärte US-Außenminister John Kerry am Sonntag in einem Interview mit dem Nachrichtensender NBC: "Haar- und Blutproben sind positiv auf Spuren des Nervengases Sarin getestet worden." Die Proben seien nach dem Anschlag am 21. August im Osten der Hauptstadt Damaskus gesammelt worden, die USA hätten die Informationen in den vergangenen 24 Stunden erhalten, so Kerry.
Unabhängig von UNO-Untersuchung
Die von den USA analysierten Proben seien unabhängig von jenen, die UNO-Chemiewaffeninspektoren in Syrien gesammelt hätten, fügte Kerry hinzu. Sie seien von medizinischem Personal zur Verfügung gestellt worden.
Kerry forderte den US-Kongress auf, der Regierung grünes Licht für einen Militärschlag gegen die Führung in Damaskus zu geben. Der Außenminister zeigte sich überzeugt, dass das Parlament "dafür stimmt". Für den Fall, dass der Kongress mit Nein stimmen sollte, sagte Kerry: "Der Präsident hat die Autorität zu handeln, aber der Kongress wird hier tun, was er tun muss."
Paris will geheime Dokumente offenlegen
Die französische Regierung wird als geheim eingestufte Dokumente zum syrischen Chemiewaffen-Arsenal demnächst offenlegen. Das verlautete am Sonntag aus Regierungskreisen in Paris. Die Zeitung "Journal du Dimanche" hatte zuvor unter Berufung auf aktuelle französische Geheimdiensterkenntnisse berichtet, dass die syrischen Regierungstruppen über "mehrere hundert Tonnen Senfgas" und "Saringas" verfügten. Insgesamt habe Damaskus mehr als 1.000 Tonnen Chemiewaffen in seinen Lagern. Laut französischen Regierungskreisen sind diese Angaben aus einer Geheimdienst-Mitteilung "zutreffend".
Untersuchung ab Montag
Die Untersuchung der von den UNO-Chemiewaffenexperten in Syrien gesammelten Proben soll nach UN-Angaben am Montag beginnen. "Morgen wird damit begonnen, die Proben in die Labors zu bringen", sagte UNO-Sprecher Martin Nesirky am Sonntag in New York. Zwei syrische Beamte sollten bei der Untersuchung anwesend sein. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon haben den Leiter des Inspektionsteams, Åke Sellström, in einem Telefongespräch am Sonntagmorgen erneut zur Eile gedränt, so Nesirky. Die beiden hätten darüber gesprochen, welche Möglichkeiten es zur Beschleunigung des Untersuchungsprozesses gebe, sagte der UN-Sprecher.
Die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, den Kongress über eine US-Militärintervention in Syrien abstimmen zu lassen, sehe Ban "als Teil von Bemühungen zu einem internationalen Konsens in der Frage von Antworten auf Chemiewaffeneinsätzen zu kommen", so sein Sprecher. Es dürfe "keine Straffreiheit" geben, die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
Ban sprach am Sonntag per Telefon auch mit dem französischen Außenminister Laurent Fabius über die Situation in Syrien. Beim G20-Gipfel in der kommenden Woche im russischen Sankt Petersburg wolle Ban weitere Gespräche führen, sagte Nesirky. Vor seiner Abreise werde er am Dienstag aller Voraussicht nach noch die zehn nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrats über die Lage in Syrien und die Untersuchungen der Chemiewaffenexperten unterrichten.