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"Österreich ist sehr aktiv bei Frontex-Operationen"

Von Eva Zelechowski

Asyl

Die Rettungsmission "Mare Nostrum" läuft aus, der EU-Einsatz "Triton" will primär Flüchtlinge abhalten.|Die Grenzschutzagentur Frontex im Interview.


Das monatelange Zetern Italiens mit Brüssel um effiziente  Migrantenabschirmung unter Beteiligung der Grenzschutzagentur Frontex hat Früchte getragen. Am Samstag, den 1. November, startet die von Frontex koordinierte EU-Operation "Triton". Die Rettungsmission "Mare Nostrum" wird nach den Worten des italienischen Innenministers Angelino Alfano bald auslaufen. In Pratica di Mare, südlich von Rom, befindet sich die Koordinierungsstelle des Einsatzes in einem Hauptquartier der italienischen Luftwaffe. Die Schiffe starten von Lampedusa und der sizilianischen Stadt Porto Empedocle. Mit Frontex sprach die "Wiener Zeitung" über die zentralen Unterschiede zu "Mare Nostrum" und die österreichische Beteiligung am EU-Einsatz "Triton".

"Wiener Zeitung": Wenn der Fokus der neuen Operation bei Grenzsicherung liegt: Was passiert, wenn "Triton"-Schiffe ein Flüchtlingsboot sichten? Push-Backs (auf See) sind ja illegal.
Ewa Moncure: Wir verständigen die nationale Koordinationsstelle und es werden Rettungsboote ausgeschickt, um die Flüchtlinge sicher zum italienischen Hafen zu bringen. Hier ändert sich nichts. Dann können die Migranten entweder Asyl beantragen oder weiterreisen. Bilaterale Kooperationen haben wir zum Beispiel mit Ägypten, also werden ägyptische Geflüchtete abgeschoben.

Können Sie uns genaueres zum Ablauf der Einsätze sagen?

Genau wie bei jeder anderen Frontex-Operation übernehmen wir lediglich die Koordination. In diesem Fall hat Italien die Leitung und gab vorab seine Anforderungen an uns weiter: Welche technische Ausrüstung, wie viele Schiffe und Flugzeuge sowie Experten benötigt werden.

Bekannt ist bis jetzt, dass der Einsatz mit sechs Schiffen und zwei Flugzeugen startet. Wer stellt diese?

Italien stellt die Hälfte der Flotte zur Verfügung, Island liefert ein Schiff und Finnland ein Flugzeug.

Welche Rolle spielt Österreich bei "Triton"?

Österreich beteiligt sich seit jeher sehr aktiv an Frontex-Operationen. Besonders in Form von Experten, die über sehr viel Erfahrung und Kompetenzen bei Interviews mit Flüchtlingen verfügen. Im Zuge von "Triton" werden sie die Migranten nach ihrer Ankunft ausführlich befragen, um mehr über die schleusenden Personen und die dahinter stehenden Netzwerke zu erfahren. Sie sind eine große Unterstützung für die italienischen Behörden.

Wie viele europäische Staaten haben ihre Teilnahme an der Operation angekündigt? Von Medien, Agenturen und auch Regierungsstellen hört man unterschiedliche Zahlen.

Es ist ein Prozess, der sich ständig weiter entwickelt. Derzeit haben wir etwa 20 Teilnehmer, genau wissen wir das nicht. Jedes Land beteiligt sich in unterschiedlicher Form. Österreich ist zum Beispiel sehr häufig ein Koordinator und stellt seine Expertise zur Verfügung. Geplant ist der Einsatz vorerst bis Mitte Jänner, im November werden wir weitere Posten und Möglichkeiten prüfen. Die können dann durchaus anders verteilt sein als derzeit für Jänner vorgesehen. Eine zusätzliche Finanzierung haben wir bereits beantragt, das derzeitige Budget ermöglicht lediglich den Start des Einsatzes. 2015 bekommen wir aber das neue Budget, das eine weitere Finanzierung sichert.

Triton soll das zur Rettung von Menschen in Seenot ins Leben gerufene "Mare Nostrum" nicht ersetzen. Wo genau liegen die Unterschiede?

Stimmt, der größte Unterschied ist: "Triton" steht für Grenzkontrolle. Das ist unser Auftrag. Anders als "Mare Nostrum" - ausschließlich eine humanitäre Mission - werden wir nicht bis zur libyschen Küste und in internationale Gewässer ausfahren, sondern nur in einem Umkreis von drei Seemeilen vor Italien operieren. Die Schiffe sind dafür nämlich nicht vorgesehen, wir haben nicht die gleichen Kapazitäten wie "Mare Nostrum".

Das zeigt sich schon in der Finanzierung. Mare Nostrum schlug mit neun Millionen Euro monatlich zu Buche, während für "Triton" ein Drittel der Summe zur Verfügung steht.

Das ist korrekt.

Wird "Mare Nostrum" wirklich abgedreht? Menschenrechtsorganisationen haben bereits Kritik geübt und wollen eine Einstellung verhindern.

Das kann nur Minister Alfano beantworten. Seinen Aussagen zufolge muss die Mission beendet werden.

Die Katastrophe ist eigentlich der Einsatzbereich von drei Seemeilen um Italien, denn die Frage ist, ob die einfachen Holzschiffe der Flüchtlinge überhaupt soweit kommen.

Das stimmt, aber dieser Bereich wurde für die Einsätze festgelegt. Wie gesagt: Der Auftrag lautet Grenzschutz.

Neulich berichtete eine Agentur dass im Zuge der Mission "Triton" auch Schiffe zerstört würden, die von den mutmaßlichen "Schleppern" konfisziert wurden. Können Sie das bestätigen?

Das ist ein großes Thema! Ich habe noch keine Informationen darüber, dass dies Teil der Operation ist. Jetzt ist es so, dass Flüchtlingsboote recycled werden, um die Situation für Schlepper zu erschweren. Sollten sie zerstört werden, muss man umweltpolitische Aspekte und rechtliche Probleme berücksichtigen. Es ist ein ziemlich komplexes Thema. Man muss diverse Fragen klären: Wer, wo und unter welchen Eigentumsrechten darf hier auf internationalen Gewässern operieren? Die Frage bringt vor allem Italien auf die Agenda, es fällt nicht in unser Aufgabengebiet. Wir arbeiten aber noch an einer Lösung.

Die Einstellung von "Mare Nostrum" ist beschlossen und soll in einer Auslaufphase von zwei Monaten langsam zu Ende gehen. Als offizielles Ende ist der 1. Jänner 2015 vorgesehen.