Wien. Die Abstimmung über einen möglichen Ärztestreik am Wiener AKH hat am Freitag begonnen. Das Votum läuft bis kommenden Mittwoch, ein Resultat wird für Donnerstag erwartet. Hintergrund ist ein inzwischen monatelanger Gehaltsstreit im Zusammenhang mit dem neuen Arbeitszeitgesetz für Spitalsmediziner. Das Rektorat will offenbar deeskalieren und hat inzwischen ein neues Angebot vorgelegt.
Betriebsrat prüft Vorschläge
"Wir haben das Angebot heute schriftlich bekommen", sagte AKH-Betriebsrat Martin Andreas. Details konnte bzw. wollte er noch nicht sagen. Man werde den Vorschlag über das Pfingstwochenende prüfen. In seinem Vorgehen, sich bei den Ärzten via Abstimmung über ihre Streikbereitschaft zu erkundigen, sieht sich Andreas jedenfalls bestätigt: "Das zeigt, dass diese Maßnahmen ernst genommen werden."
In der Medizinischen Universität Wien, die das ärztliche Personal im AKH stellt, bestätigte man das neue Angebot. Es habe am Donnerstag Gespräche gegeben und das Rektorat noch einmal Nachbesserungen angeboten.
Streitpunkt Ärztegehalt
Geeinigt haben sich die Verhandlungspartner schon vor längerer Zeit in mehreren Punkten. Streitpunkt ist allerdings nach wie vor das Ärztegehalt im Zusammenhang mit der gesetzlich verpflichtenden Reduktion der Maximalarbeitszeit. Der Betriebsrat hatte zuletzt ein Plus von 30 Prozent rückwirkend mit Anfang 2015 gefordert, das Rektorat bot eine Anhebung ab 2016 an. Zuletzt schlug die Uni-Leitung vor, die vorhandenen Mittel schrittweise von 2015 bis 2017 aufzuteilen und so eine Art rückwirkende Teilerhöhung zu erzielen. Die Personalvertreter lehnten ebenfalls ab.
Ob das neue, nun noch einmal nachgebesserte Lohnmodell annehmbar ist, wird der Betriebsrat bis nächste Woche entscheiden. Dann endet auch die - von der Ärztekammer durchgeführte - Streikabstimmung. Andreas erwartet sich hier eine Beteiligung von mindestens 50 Prozent. Mehr als 1.900 AKH-Mediziner sind stimmberechtigt. Sollte die Mehrheit zur Arbeitsniederlegung bereit sein, will man tatsächliche Kampfmaßnahmen aber trotzdem nur dann durchführen, wenn kein Kompromiss mehr zustande kommt, wurde vom Betriebsrat mehrmals betont.
Wiener SPÖ legt Szekeres Rücktritt nahe
Die Wiener SPÖ hat inzwischen dem Präsidenten der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres, nahegelegt, über einen Rücktritt nachzudenken. Denn dieser schaffe es nicht, ausverhandelte Vereinbarungen in der Kurie durchzubringen. "Jeder andere würde die Vertrauensfrage stellen", so SP-Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler. Erbost zeigte er sich auch über ein aktuelles Inserat.
Die Ärztekammer hat am Freitag in einer Zeitungsannonce mit dem Titel "Gesundheitssystem in Gefahr" die geplante Reduktion von Mediziner-Posten kritisiert. "Wien wächst und hat immer mehr Einwohner. Und wir werden immer älter und brauchen mehr Medizin. Aber die Stadt Wien will 382 Spitalsärzte einsparen. Wie passt das zusammen? Fragen Sie Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely. Sie glaubt, das geht", heißt es darin.
Niedermühlbichler: "Horrorszenarien" falsch
Nach Ansicht der Wiener SPÖ geht eines keineswegs - dass die Ärztekammer mit dem Geld ihrer Mitglieder derartige Anzeigen schaltet. "Damit verunsichert man die Patienten, das geht zu weit", befand Niedermühlbichler. Die Inserate seien "letztklassig". Es sei Szekeres gewesen, der von ihm unterzeichnete Verhandlungsergebnisse in der Kurie nicht durchgebracht habe: "Sich jetzt an der Gesundheitsstadträtin abzuputzen, ist mehr als billig."
Vielmehr solle Szekeres die Vertrauensfrage stellen. Er habe mit seinem bisherigen Vorgehen sowohl sich als auch der Ärztekammer geschadet. Szekeres sei zwar mit einer SP-nahen Fraktion angetreten: "Offensichtlich lässt er sich derzeit aber von der ÖVP-Fraktion vor sich hertreiben", mutmaßte Niedermühlbichler.
Laut dem SP-Politiker wird unnötig Panik verbreitet: "Die Horrorszenarien halten keiner Überprüfung stand." Es würden keine Ärzte entlassen. Es gehe vielmehr um Reformen. Ein Abbau von Stellen werde ausschließlich in jenen Bereichen stattfinden, in denen die strukturellen Voraussetzungen dafür erfüllt seien, wurde versichert. Gewerkschaft und Personalvertretung würden die Maßnahmen begleiten.