Berlin. Eigentlich hat der Deutsche Bundestag 598 Abgeordnete. Wie viele Volksvertreter am Ende aber tatsächlich im neu gewählten Parlament Platz nehmen werden, wird erst nach der Wahl feststehen. Das liegt am komplizierten deutschen Wahlsystem mit seinen Überhang- und Ausgleichsmandaten.
299 Wahlkreise
Gewählt wird der Bundestag, das deutsche Parlament. Die Abgeordneten wählen dann den Kanzler bzw. die Kanzlerin. Deutschland ist für die Bundestagswahl in 299 Wahlkreise eingeteilt, also genau die Hälfte von 598. Jeder Wähler vergibt zwei Stimmen. Mit der Erststimme entscheidet er, welcher Kandidat seinen Wahlkreis im Bund vertritt. Dabei gilt das Mehrheitswahlrecht. Der Bewerber mit den meisten Stimmen gewinnt, eine einfache Mehrheit genügt. Auf diesem Weg kommen 299 Abgeordnete direkt in den Bundestag.
Was bewirkt die Zweitstimme?
Mit der Zweitstimme für die Landesliste einer Partei entscheidet der Wähler darüber, wie die Sitze im Parlament unter den Parteien nach dem Verhältniswahlrecht aufgeteilt werden. Deshalb ist die Zweitstimme, auch wenn der Name anderes vermuten lässt, die Wichtigere der beiden. Denn davon hängt am Ende ab, wen die Volksvertretung zum neuen Bundeskanzler wählen wird.
Die Parteien legen Listen auf, auf denen die Namen der Kandidaten stehen. Die Zahl der Zweitstimmen entscheidet dann darüber, wie viele Kandidaten von der Liste ins Parlament kommen.
Die Überhangmandate
Wenn nun eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreise per Erststimme gewinnt als ihr via Zweitstimme Sitze zustehen, erhält sie sogenannte Überhangmandate. Bei der Bundestagswahl 2009 gingen 24 Überhangmandate an CDU und CSU, der Bundestag wuchs von 598 auf 622 Abgeordnete. Die Mehrheit der christlich-liberalen Koalition von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde auf diese Weise größer, als sie nach dem Zweitstimmenanteil auf nationaler Ebene gewesen wäre.
Das Bundesverfassungsgericht erzwang im vorigen Jahr eine Neuregelung. Nun müssen die Überhangmandate einer Partei durch Ausgleichsmandate für die anderen Parteien kompensiert werden. Der neue Bundestag dürfte wegen dieser Ausgleichsmandate größer werden als der alte. Wie groß, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Schätzungen vor der Wahl reichten von rund 635 bis über 700 Mandate.
Die Fünf-Prozent-Hürde
Wenn eine Partei bei den Zweitstimmen einen Anteil von mindestens fünf Prozent erreicht, darf sie in den Bundestag. Die Hürde wird allerdings automatisch aufgehoben, wenn ein Partei mindestens drei Direktmandate bei den Erstimmen erreicht. Die Zweitstimmen werden dann ohne Fünf-Prozent-Klausel in Mandate umgelegt.