Wien. (kle) Seit Juni 2008 ist Österreichs bisher einziges Bioethanolwerk in Betrieb. Rund 125 Millionen Euro machte der börsennotierte Zucker-, Stärke- und Fruchtkonzern Agrana für den Bau der Fabrik im niederösterreichischen Pischelsdorf flüssig, die öffentliche Hand beteiligte sich mit einer Subvention in Höhe von 9,9 Millionen Euro. Derzeit produziert die Biospritanlage pro Jahr 220 Millionen Liter Ethanol - aus Weizen und Mais.

Doch nun hat die EU (und mit ihr Landwirtschafts- und Umweltminister Nikolaus Berlakovich) die Pläne für die Einführung des umstrittenen Biotreibstoffes E10 eingefroren. Ob E10, Benzin mit zehn Prozent Ethanol-Anteil, zu einem späteren Zeitpunkt oder überhaupt noch kommt, ist fraglich. Ist damit das hochmoderne Werk in Pischelsdorf, das rund 90 Mitarbeiter beschäftigt, in Gefahr?

"Nein", sagt Agrana-Vorstandschef Johann Marihart. "Wir können weiterhin mit voller Auslastung fahren." Ein Nachfragerückgang ist für Marihart trotz E10-Stopps nicht in Sicht. Denn schon bisher wird dem Benzin in Österreich und anderen EU-Ländern Bioethanol beigemischt - zu fünf Prozent (E5). "Und das sichert die Auslastung des Werkes", heißt es aus der Wiener Agrana-Zentrale.

Polit-Häme für Berlakovich

Die Hälfte der Ethanol-Produktion setzt die zu Raiffeisen gehörende Agrana im Inland ab, die andere Hälfte wird exportiert. Im Fall der E10-Einführung, die ursprünglich für 1. Oktober geplant war, hätte der Konzern (2,6 Milliarden Euro Jahresumsatz, fast 8000 Beschäftigte) die Kapazitäten in Pischelsdorf übrigens nicht aufgestockt, sondern seine bisherigen Exportmengen für den Inlandsmarkt zurückbehalten.

Bei Politikern hat das vorläufige Aus für E10 am Dienstag für breite Zustimmung gesorgt, nur Agrarvertreter zeigten sich verärgert. Für Berlakovich ist E10 aber noch nicht gestorben, obwohl es in Brüssel mittlerweile heißt, dass es bei der Fünf-Prozent-Regelung bleiben soll.

Die Oppositionsparteien überschütteten den ÖVP-Minister mit Häme. Die FPÖ sprach von einem "peinlichen Flop für Berlakovich". Die Aussetzung sei ein "Sieg der Vernunft", sagte Umweltsprecher Norbert Hofer. Dass Berlakovich die E10-Einführung weiter für realistisch hält, zeugt laut BZÖ-Agrarsprecher Gerhard Huber von "Unbelehrbarkeit". "Berlakovich muss endlich die Bauern und die Konsumenten vertreten und sich gegen Raiffeisen/Agrana stellen", so Huber. Auch Grüne und SPÖ vermissen Einsicht beim Minister: "E10 ist vom Tisch."