Innsbruck/Wien. Die Ratspräsidentschaft bedingt, dass alle informellen Tagungen der europäischen Minister im kommenden Halbjahr in Österreich abgehalten werden. Solche Treffen sind eigentlich nichts Besonderes, zumal nur bei offiziellen Sitzungen, die in Brüssel oder Luxemburg stattfinden, formal Beschlüsse gefasst werden. Dennoch ist das informelle Treffen der Innenminister in Innsbruck am Donnerstag und Freitag von größerer Bedeutung, als es beispielsweise das Treffen der Arbeits- und Sozialminister in der kommenden Woche sein wird.
Der Grund ist simpel: Es geht um Migration und Asyl und damit um jene Themen, die in der EU die politische Landschaft mehr zum Erodieren gebracht haben, als es in den Jahren nach 2008 die größte Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren tat. Eine der Folgen sind Regierungsbeteiligungen von Parteien und Politikern, die in der Migrationsfrage einen restriktiven Kurs propagieren - und dies teilweise in Verbindung mit diskriminierender Rhetorik.
Mitte-Parteien, sozialdemokratische wie konservative, schlitterten in Sinnkrisen und interne Konflikte. Jüngstes Beispiel ist in Deutschland der Streit zwischen CDU und CSU, respektive Kanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer, ihrem Innenminister.
In Innsbruck wird Seehofer u.a. auf seine Amtskollegen Matteo Salvini (Lega, Italien) und Herbert Kickl (FPÖ) treffen, wobei Letzterer als Gastgeber das Treffen zu moderieren hat. Als Vorsitzland ist es üblich, eigene Interessen hintanzustellen. Der mediale Fokus wird daher auf Salvini und Seehofer gerichtet sein.
Der italienische Ressortchef hatte vor wenigen Wochen für Aufregung gesorgt, als er ankündigte, Roma und Sinti in Italien zählen zu wollen. Zugleich hatte er es bedauert, sie nicht aus dem Land schmeißen zu können.
Seehofer wiederum hatte am Dienstag belustigt seinen 69. Geburtstag (am 4. Juli, Anm.) mit 69 Abschiebungen nach Afghanistan an exakt diesem Tag in Verbindung gebracht ("Das war von mir nicht so bestellt"). Die schmunzelnd vorgetragene Aussage, die medial so aufgefasst wurde, als hätte er sich dies zum Geburtstag gewünscht, wurde tags darauf noch brisanter, als bekannt wurde, dass sich einer der Abgeschobenen nach seiner Rückkehr in Kabul erhängt hatte. Der Mann hatte acht Jahre in Deutschland gelebt. Er war erst 23 Jahre alt.
Auf die Frage, ob der den "Sager" bereue, meinte Seehofer am Mittwochabend in Innsbruck: "Da sag ich jetzt nichts". Sein Schweigen begründete Seehofer damit, dass selbst die sachlichsten Aussagen missbraucht werden würden. "Ich werd für alles verantwortlich gemacht", so Seehofer. Den Vorgang selbst bezeichnete er aber als "sehr bedauerlich".