Salzburg. Während sich in der Felsenreitschule in Salzburg am Mittwochabend die 28 Staats-und Regierungschefs der EU zum gemeinsamen Abendessen trafen, haben rund 400 Demonstranten die inhumane Grenz- und Abschottungspolitik der EU kritisiert. Beim "Marsch der Verantwortung" machten sie auf jene 30.000 Flüchtlinge aufmerksam, die in den vergangenen 25 Jahren auf der Flucht nach Europa gestorben sind.

Es sei zynisch, dass die Regierungschefs ihren Gipfel mit "Sicherheit" betiteln, dem Sterben im Mittelmeer aber zusehen würden, sagte Alina Kugler vom Bündnis Solidarisches Salzburg. Auf Transparenten und Plakaten wurde zudem gegen die Kriminalisierung der Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer durch NGOs protestiert. "Mr. Kurz, how many people have you ever saved", stand etwa auf einer Tafel zu lesen.

An der Spitze des Protestzugs - es waren mehr als doppel so viele Teilnehmer gekommen wie von den Veranstaltern erwartet - wurden Schilder mit Namen der 30.000 auf der Flucht nach Europa ums Leben gekommenen Menschen getragen. Während des einstündigen Marsches vom Stadtteil Lehen in die Altstadt wurden zudem die dokumentierten Todesfälle von Flüchtlingen verlesen. "30. April 2018. Sechs Tote. Fünf Männer, ein Baby. Herkunft unbekannt. Ihre Leichen wurden in Libyen gefunden."

Die Aufzählung nimmt während des ganzen Protestzugs kein Ende. Männer, Frauen, Kinder, Babys. Ertrunken in Grenzflüssen oder im Mittelmeer. Verdurstet in der algerischen Wüste. Tot aufgefunden in überladenen Flüchtlingsbooten. Von Lkws überrollt. Ermordet. Vier Stunden lang wäre das Tonband der Veranstalter gewesen - ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit.

Zu einer unmittelbaren Konfrontation mit den Staatsgästen des EU-Gipfels kam es am Mittwochabend nicht. Der Zug endete zu weit von der Felsenreitschule entfernt. "Drinnen dinieren die Regierungschefs, draußen sterben die Menschen", hatte Kugler das am Vormittag noch knapp kommentiert.