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First Lady und Mutter Courage

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Europaarchiv

Witwe des französischen Präsidenten François Mitterrand in Paris gestorben.


Paris. Eine unbeirrbare Aktivistin und entschlossene Idealistin, eine Art Mutter Courage, die sich über das Erbe ihres berühmten Mannes hinaus einen Namen gemacht hat mit ihrem humanitären Engagement: So wurde am Dienstag in Frankreich Danielle Mitterrand gewürdigt, die in der Nacht in einem Pariser Krankenhaus gestorben war. Die ehemalige Première Dame wurde 87 Jahre alt. Ihr Mann François Mitterrand erlag bereits vor 15 Jahren einem Krebsleiden.

"Ich werde bis zu meinem Tod mit meinen Aktionen weitermachen" - ihr 1992 getroffenes Versprechen hat Danielle Mitterrand eingehalten. Da war sie gerade einem Attentat im irakischen Kurdengebiet entkommen, bei dem sieben Menschen getötet und 17 weitere verletzt worden waren. Eigenwillig verfolgte sie ihren Einsatz für Flüchtlinge und Minderheiten in aller Welt. Zuletzt lag der Schwerpunkt ihrer Stiftung "France - Libertés" ("Frankreich - Freiheiten") auf dem Kampf für einen Trinkwasser-Zugang für alle Menschen.

Von manchen als naive Ideologin kritisiert, blieb Danielle Mitterrand bis zuletzt unbequem und entwaffnend offen. An der Seite von François Mitterrand nahm sie anders als ihre Vorgängerinnen eine aktive, bisweilen rebellische Rolle ein, die die französische Diplomatie auch unterlief, etwa als sie 1995 den kubanischen Präsidenten Fidel Castro beim Staatsbesuch überschwänglich umarmte oder Besuche nach Marokko grundsätzlich ausschlug.

Der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande, von dessen Partei sie sich zuletzt distanzierte, würdigte "eine große Frau, ihren Mut und immense Energie", Präsident Nicolas Sarkozy, dessen Roma-Politik sie scharf kritisiert hatte, erkannte an, dass Danielle Mitterrand all die Jahre, die sie ihren Mann begleitet hatte, nie vergaß, "die Stimmen derer hören zu lassen, die keiner hören wollte".

Der Legende nach hat sich der 28-jährige Résistance-Kämpfer François Mitterrand sofort in ein Foto der neun Jahre jüngeren Lehrertochter mit ihren verschmitzten Katzenaugen, die ebenfalls im Widerstand gegen die Nazis engagiert war, verliebt und ausgerufen: "Die heiratete ich!" Was er ein halbes Jahr später, im Oktober 1944, auch tat.

Bei seinem beispiellosen politischen Aufstieg unterstützte Danielle Mitterrand ihren Mann, privat aber entfernte sich das Paar, das zwei Söhne hatte, voneinander entfernt. Dass Mitterrand mit seiner langjährigen Geliebten Anne Pingeot und der 1971 geborenen Tochter Mazarine eine Zweitfamilie auf Staatskosten unterhielt, schockte die Öffentlichkeit, die davon erst 1994 erfuhr, weit mehr als die Ehefrau, für die dies "weder Überraschung noch Drama" war. Dass Danielle bei Mitterrands Beerdigung dessen uneheliche Tochter in die Arme nahm, bewegte Frankreich.