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Kroatien besiegelt seinen EU-Beitritt

Von Martyna Czarnowska

Politik

Informationsdefizite vor Referendum über Mitgliedschaft in Union.


Brüssel/Zagreb. Den EU-Beitrittsvertrag wird sie noch unterschreiben. Zwar ist die kroatische Ministerpräsidentin Jadranka Kosor mitsamt ihrer konservativen Partei HDZ am Wochenende abgewählt worden. Doch zur feierlichen Besiegelung des Beitritts beim EU-Gipfel am Freitag wird sie - mit Staatspräsident Ivo Josipovic - in Brüssel erwartet.

Wenn die Kroaten Anfang 2012 über die EU-Mitgliedschaft abstimmen, wird die neue Mitte-Links-Regierung unter Premier Zoran Milanovic schon vereidigt sein. Viel Zeit, den Menschen zu vermitteln, was ein Beitritt bedeutet, bleibt bis zum Referendum nicht.

Und auch vorher habe es zu wenig Information gegeben, befinden Experten. "Die Beitrittsverhandlungen mit Brüssel sind wie ein Staatsgeheimnis behandelt worden", sagt etwa Jelena Berkovic von der Zagreber Nichtregierungsorganisation GONG, die sich mit demokratischen Prozessen befasst. Erst nach dem Abschluss der Gespräche seien die Ergebnisse teilweise auf einer Regierungshomepage veröffentlicht worden - und das ohne jegliche Erklärungen. Ein Informationszentrum gibt es in Zagreb, doch wird es von der EU-Delegation selbst betrieben. Das Außenministerium beispielsweise hat etwas Ähnliches nicht eingerichtet. Lediglich 15 Fernsehspots habe die Regierung geschaltet. "Eine echte Diskussion hat nie stattgefunden", berichtet Berkovic.

Unter Brüssels Beobachtung

Defizite, die Zagreb bis zum für Juli 2013 geplanten EU-Beitritt verringern soll, hat Kroatien aber ebenso in anderen Bereichen. Die Regierung muss sowohl nach einem Ausweg aus der tiefen Wirtschaftskrise des Landes suchen als auch die Korruption bekämpfen. Dabei steht sie unter Beobachtung der EU: Bis zum Beitritt gibt es ein Monitoring, ob die nötigen Reformen tatsächlich durchgeführt werden. Für den SPÖ-Europaabgeordneten Hannes Swoboda ist dies ein Beweis dafür, dass die Union sehr wohl aus ihren Fehlern bei früheren Erweiterungsrunden gelernt hat. "In Bulgarien und Rumänien hat es erst nach dem EU-Beitritt ein Monitoring gegeben - und so hat jedes Druckmittel gefehlt", erklärt der Kroatien-Berichterstatter des EU-Parlaments. Kroatien allerdings wird schon davor beobachtet. In der Zwischenzeit läuft der Ratifizierungsprozess an. Jedes EU-Land muss die Aufnahme des neuen Mitglieds ratifizieren - und kann, falls es das nicht oder sehr spät tut, den Beitritt verzögern.

Das weiß Kroatien und werde sich daher alle Mühe geben, meint Swoboda. Und schon jetzt habe das Land die von der EU gestellten Bedingungen besser erfüllt als einige Staaten vor ihrem Beitritt in den vergangenen Erweiterungsrunden.

Dass die Wettbewerbsfähigkeit Kroatiens schwach ist, erfüllt Swoboda kaum mit Sorge. Das wäre ein Problem, wenn das Land mit seinen rund 4,5 Millionen Einwohnern in die Eurozone aufgenommen werden würde. Dieser soll Kroatien zwar in Zukunft beitreten, wie alle EU-Staaten, die sich keine Ausnahmeregelung ausbedungen haben. Doch werde laut Swoboda bis dahin die Überprüfung der Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der Eurozone ebenfalls strenger sein.

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