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"Hexenjagd auf Richter Garzon"

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv

Abgehörte Gespräche von Anwälten mit Angeklagten als Stolperstein.


Madrid. Von "Hexenjagd" und "politischer Lynchjustiz" sprachen die rund 200 Demonstranten, die am Dienstag zur Eröffnung des Gerichtsverfahrens gegen den bekannten Untersuchungsrichter Baltasar Garzon vor dem Madrider Höchstgericht gekommen waren - darunter prominente Politiker der Linken und Künstler wie die Schauspielerin Pilar Bardem und der Abgeordnete Gaspar Llamazares.

Garzon, der 1998 mit seinem internationalen Haftbefehl gegen den chilenischen Diktator Augusto Pinochet weltweit Schlagzeilen gemacht und in seiner Heimat mit dem Kampf gegen den ETA-Terror und Korruption Ansehen erworben hat, wird Rechtsbeugung vorgeworfen. Er hatte in einer umfassenden Spenden- und Korruptionsaffäre, in den führende Kreise der konservativen Volkspartei (PP) in den Regionen Valencia und Madrid verwickelt waren, die Gespräche der inhaftierten Geschäftsleute Francisco Correa und Pablo Crespo mit ihren Anwälten abhören lassen und Informationen daraus für seine Anklage benutzt. Der unter dem Namen "Caso Gürtel" (der Name des Hauptangeklagten Correa ist das spanische Wort für Gürtel) seit Anfang 2009 aufgeflogene Korruptionsfall hat zahlreiche politische Opfer innerhalb der betroffenen Volkspartei gefordert. Das prominenteste war der Regionalpräsident von Valencia, FranciscoCamps, ein Hoffnungsträger der PP, der sich mit teuren Anzügen bestechen ließ und schließlich im Sommer des Vorjahres sein Amt aufgeben musste.

Garzon betonte in seiner Anhörung vor dem Höchstgericht, dass ihm das Recht der Verteidigung sakrosankt sei. Ziel der Abhörmaßnahmen sei auch nicht gewesen, die Strategie der Verteidigung zu erfahren, sondern das Weißwaschen von Korruptionsgeldern zu verhindern. Dabei ging es um 20 Millionen Euro, die in der Schweiz und in anderen Steuerparadiesen geparkt waren.

Bei einem Schuldspruch droht dem 56-jährigen Garzon ein 17-jähriges Berufsverbot. Und Garzon muss sich in Kürze einem zweiten Verfahren stellen. Mehrere rechtsgerichtete Organisationen und die faschistische Falange-Partei hatten ihn wegen Verstoßes gegen das Amnestiegesetz aus dem Jahr 1977 angezeigt. Auch in diesem Fall geht es um den Vorwurf der Rechtsbeugung, weil Garzon Untersuchungen über Verbrechen aus der Zeit des Bürgerkrieges und der Franco-Diktatur zugelassen hatte.