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Premier Ficos steile Lernkurve

Von WZ-Korrespondentin Karin Rogalska

Europaarchiv

100 Tage im Amt: Unter Robert Fico rückt die Slowakei wieder näher an EU.


Bratislava. Seine Feuerprobe hat der slowakische Ministerpräsident Robert Fico Ende Juni bestanden. Damals stimmte der slowakische Nationalrat dem Fiskalpakt und dem langfristigen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu. Dass er das als eines der ersten Parlamente in der EU überhaupt tat, war für Fico fast wichtiger als der Inhalt der Beschlüsse. Denn nach dem nervenaufreibenden Hin und Her um den vorläufigen Euro-Rettungsschirm EFSF, das seine Amtsvorgängerin Iveta Radicova den Job kostete und das Ausland zutiefst an der Verlässlichkeit der Slowaken zweifeln ließ, setzt der Regierungschef alles daran, damit die Slowakei auf internationaler Ebene wieder als vertrauenswürdiger Partner erscheint und insbesondere im europäischen Spiel bleibt.

Nach nunmehr gut 100 Tagen im Amt spricht Fico von der "schwersten Zeit meiner politischen Karriere". Dabei haben sich seine Anstrengungen ganz offensichtlich ausgezahlt. Heute mag sich kaum noch ein Vertreter ausländischer Institutionen in Bratislava daran erinnern, welcher Jubel ausbrach, als Fico im Sommer 2010 nicht die Wiederwahl zum Ministerpräsidenten schaffte. Vorher wurde der Sozialdemokrat zumeist als nationaler Populist gescholten, der angeblich skrupellos mit dem Nationalisten Jan Slota und dem autokratischen Ex-Premier Vladimir Meciar koalierte. Wegen der umstrittenen "ménage à trois" legte die Sozialdemokratische Partei Europas sogar zeitweise die Mitgliedschaft der Fico-Partei Smer-SD auf Eis.

All das scheint nach Ficos Erdrutschsieg bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im heurigen März vergessen. Als dynamisch, einfallsreich und aufgeschlossen nimmt das Ausland nun den Mann wahr, der, obwohl für seinen Esprit und seine Eloquenz vielfach gerühmt, früher angeblich immer zu sauertöpfisch dreinschaute, um überhaupt ein Gespräch mit ihm anzufangen.

Der slowakische Premier habe sein Programm um höchst interessante Punkte ergänzt, lobt ihn beispielsweise Bundespräsident Heinz Fischer. Und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist begeistert von Ficos Plänen für eine "Innovationszone Mitteleuropa", deren Grundstein in der Slowakei gelegt werden soll.

Kuschelkurs mit Medien

Fico kommentiert seinen angeblichen Wandel stets mit dem Anflug eines lausbübischen Lächelns und den Worten, er sei noch ganz der Alte, habe aber dazugelernt. Am deutlichsten wird das in seinem Umgang mit Medien. Während seiner ersten Amtszeit wurde er gern ausfallend gegen Redakteure, die aus seiner Sicht nicht spurten. Nun scheint er Journalisten als seine wichtigsten Mittler zur Öffentlichkeit wahrzunehmen, die es zu hegen und pflegen gilt, damit auch drastische Veränderungen wie die Abschaffung des seit 2004 geltenden Einheitssteuersatzes von 19 Prozent mit 1. Jänner 2013 nicht zu hart in den Ohren von Wählern und Auslandsinvestoren klingen.

Der Kuschelkurs mit den Medien zeigt Wirkung. Vieles, was Fico durchsetzt, darunter die Erhöhung der Bankensteuer oder eine Sonderabgabe für regulierte Unternehmen, erinnert an Maßnahmen, für die seinem ungarischen Amtskollegen Viktor Orban schon lange Willkür vorgeworfen wird. Fico hingegen festigt in den Umfragen mehr und mehr seinen Ruf als berechenbarer und verlässlicher Politiker, weil er jetzt genau das umsetzt, was er schon seit Jahren ankündigt.