Wien. Der Eurovision Song Contest 2015 findet in Wien statt. Das gab der ORF als Ausrichter des musikalischen Großereignisses am Mittwoch bekannt. So wird nach dem Sieg von Conchita Wurst in Kopenhagen der Musikwettbewerb im Frühjahr 2015 in der Wiener Stadthalle ausgetragen.

Konkret wird das Große Finale, für das Österreich als Ausrichterland fix gesetzt ist, am 23. Mai über die Bühne gehen. Die beiden Halbfinals sind davor am 19. und 21. Mai angesetzt.

Entscheidung für die Stadt "im Herzen Europas"
Innsbruck und Graz haben im Rennen um die Austragung des Song Contests 2015 das Nachsehen. "Wien liegt im Herzen Europas, steht in besonderem Ausmaß für Musik und Weltoffenheit, war Gastgeber zahlreicher Großereignisse und ist natürlich als Hauptstadt besonders geeignet, einen Song Contest für das gesamte Land zu veranstalten", so ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in einer Aussendung.

Der ORF hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. So habe es "drei sehr interessante Angebote" gegeben, "die alle über unseren Erwartungen waren", erklärte Wrabetz am Mittwochabend. "Nach sorgfältiger Prüfung und genauer Abwägung aller relevanten Parameter ist unsere Wahl auf Wien gefallen." Eine Wahl, mit der auch die EBU zufrieden scheint. "Wir sind über die ORF-Entscheidung, dass Wien die Host City des nächsten 'Eurovision Song Contest' wird, sehr erfreut", wird Executive Supervisor Jon Ola Sand zitiert. "Wir sind überzeugt, dass die Stadt über die Erfahrung, Menschen mit dem nötigen Know-how und die Einrichtungen verfügt, um Gastgeber des größten Unterhaltungsevents der Welt zu sein. Ich bin mir sicher, dass wir in Zusammenarbeit von Wien, ORF und EBU im Mai drei außergewöhnliche Shows erleben werden."

Oxonitsch/Häupl: "Fest für alle WienerInnen und Gäste"
"Wir freuen uns, dass der 60. Eurovision Song Contest 2015 in Wien stattfinden wird", betonten Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Stadtrat Christian Oxonitsch nach der nun erfolgten Entscheidung des ORF in einer Aussendung am Mittwoch. "Wien als weltoffene Stadt ist für dieses Event der beste Austragungsort und wird diese Weltoffenenheit auch international unter Beweis stellen. Der Song Contest am 23. Mai soll aber vor allem auch zu einem Fest für alle WienerInnen und Gäste des Stadt werden!"

Stadtrat Christian Oxonitsch steht morgen vormittag im Rahmen eines Pressegesprächs im Wiener Rathaus für nähere Informationen zur Verfügung, Ort und Zeit werden noch bekannt gegeben.

Fakten zur Wiener Stadthalle
Die Wiener Stadthalle zählt zu Europas ältesten Mehrzweckhallen für Großveranstaltungen. Eröffnet wurde der von Roland Rainer konzipierte Bau am 21. Juni 1958 im Beisein von Bundespräsident Adolf Schärf. Seither haben gut 65 Mio. Menschen mehr als 10.000 Events besucht. Der thematische Bogen reicht von Konzerten internationaler Stars über Musicals bis hin zu Sportgroßveranstaltungen.

Mehr als drei Jahre nahm die Errichtung des Gebäudes im Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus in Anspruch. Die Halle im Stil der Nachkriegsmoderne sollte nicht zuletzt wirtschaftlichen Aufschwung und politische Neuausrichtung symbolisieren. Zur Ausgestaltung trugen renommierte Künstler wie Herbert Boeckl, Wander Bertoni, Maria Bilger und Karl Unger bei. Den Eröffnungstag zelebrierte man mit einem gemeinsamen Auftritt des Staatsopernballetts sowie der Wiener Philharmoniker und der Wiener Symphoniker.

Mit knapp 29.000 Quadratmetern Nutzfläche gehört die Wiener Stadthalle zu den größten heimischen Veranstaltungszentren. Allein das Herzstück - die Halle D - fasst bis zu 16.000 Zuschauer. Mit rund 300 Belegtagen pro Jahr schafft man laut eigenen Angaben eine Wertschöpfung von 70 Mio. Euro, wovon vor allem Gastronomie und Hotellerie profitieren.

Gegenüber ihrem Ursprungszustand hat der Komplex in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Erweiterungen und "Face Lifts" erfahren. Rainer selbst plante etwa die fünfte Halle E, die 1994 die Zuschauerkapazität um 1.300 Plätze erweiterte. Der jüngste Zubau stammt mit der Musikhalle F aus dem Jahr 2006. Sie bietet rund 2.000 Personen Platz und grenzt direkt an die Stadthalle an. Die Hallen A, B und C mit einem Gesamtfassungsvermögen von 4.500 Menschen sind in erster Linie für Sportereignisse reserviert.

Nicht alle Neuerungen verliefen konfliktfrei. So waren etwa der Abbau der berühmten Rainer'schen Stapelsessel sowie von dessen Garderobenständer - beides inzwischen Designklassiker - höchst umstritten, weshalb auch der Schöpfer selbst lautstark, aber erfolglos, Einspruch erhob.

Inhaltlich positionierte sich die Stadthalle bereits zu Anfangszeiten möglichst breit. 1959 spielte etwa Louis Armstrong sieben ausverkaufte Konzerte, drei Jahre später berichtete Starkosmonaut Juri Gagarin von seiner Weltraummission, die Uraufführung des Films "Mohn ist auch eine Blume" (1966) mit Gästen wie Sophia Loren, Sean Connery oder Rita Hayworth verwandelte den Bau temporär zum größten Kinosaal Europas. Dass Konzerttermine damals nicht per se abends anberaumt waren, zeigt ein Live-Gig der Rolling Stones im Jahr 1967. Er begann um 15.30 Uhr.

Im Lauf der Jahrzehnte wurde die Bandbreite immer größer. Hans Orsolic wurde in den Räumlichkeiten der Stadthalle jüngster Box-Europameister (1967), das Musical "Hair" feierte seine deutschsprachige Uraufführung (1970), 4.000 Delegierte aus 141 Ländern trafen sich zur UNO-Konferenz (1979) und Roland Düringer sorgte mit zwei ausverkauften "Benzinbrüder"-Shows (1999) für das bisher größte Kabarettevent des Landes. Für die Schwimm-Kurzbahn-EM wurde in der Halle D sogar ein 25 Meter langes Becken errichtet.

Zu den aufwendigsten Produktionen in jüngster Zeit zählen sicher der Auftritt von Lady Gaga im August 2012 (38 Trucks für das Bühnenequipment) oder die "Wetten dass..?"-Ausgabe im März 2013 (drei Wochen Aufbauzeit, 21 Tonnen Lichttechnik mit 660 Scheinwerfern). Ein bisschen Song Contest durchwehte die Stadthalle in der Vergangenheit freilich in unregelmäßigen Abständen. So gaben immer wieder ehemalige Gewinner des europäischen Wettsingens Konzerte in der Stadthalle - darunter ABBA, Celine Dion oder Udo Jürgens. Letzterer wird im kommenden Jahr übrigens sein inzwischen 34. Konzert im Rainer-Bau absolvieren.