Paris. Nach der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich vom Sonntag sind Präsident François Hollande und seine Verbündeten aus dem linken Lager auf einem guten Weg, sich in der Nationalversammlung die absolute Mehrheit zu sichern. Laut dem vom französischen Innenministerium veröffentlichten amtlichen Endergebnis kamen die linken Parteien gemeinsam auf 46,77 Prozent der Stimmen. Sie können auf bis zu 329 Parlamentssitze hoffen.

Die konservative UMP von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und ihre Verbündeten rutschten auf 34,07 Prozent ab. Die rechtsextreme Front National (FN) erzielte 13,6 Prozent. Die Linksfront unter Führung von Jean-Luc Mélenchon, die kein Bündnis mit Hollandes Sozialisten einging, kam auf 6,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 57 Prozent.

Jüngsten Hochrechnungen der Meinungsforschungsinstitute zufolge kommen die Sozialisten und ihre verbündeten Parteien auf 283 bis 329 Sitze in der Nationalversammlung. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen. Das konservative Lager kommt demnach auf 210 bis 263 Sitze. Die Abgeordneten der Rechtsextremen und der Zentrumspartei erhalten den Instituten zufolge jeweils null bis drei Sitze.

Die Sozialisten gingen klar als stärkste Partei hervor. Nach den am Montagmorgen veröffentlichten Zahlen des Innenministeriums in Paris erhielt Hollandes Sozialistische Partei (PS) landesweit 29,4 Prozent der Stimmen. In der ersten Wahlrunde vor fünf Jahren war sie bei 24,7 Prozent gelegen.

Die UMP rutschte von 39,5 Prozent 2007 auf 27,1 Prozent der Stimmen ab. Die Grünen kamen auf 5,5 Prozent. Sie haben mit den Sozialisten ein Wahlbündnis geschlossen. Knapp sieben Prozent stimmten für die Linksfront (Front de Gauche) von Jean-Luc Mélenchon, zu der auch die Kommunistische Partei (PCF) gehört. Die rechtsextreme Front National erreichte 13,6 Prozent.

Regierungschef mobilisiert für "Wandel von Dauer"
Der neue sozialistische Regierungschef Jean-Marc Ayrault begrüßte die Ergebnisse der ersten Wahlrunde. Die Franzosen rief er auf, sich für die zweite Wahlrunde zu mobilisieren, damit "der Wandel von Dauer" sein könne. Die Wähler hätten mit dem Votum vom Sonntag ihre "Unterstützung für den Wandel" zum Ausdruck gebracht und ihren Willen, den Sieg Hollandes bei der Präsidentschaftswahl im Mai weiter zu stärken, sagte die sozialistische Parteichefin Martine Aubry.

UMP-Generalsekretär Jean-François Copé wies darauf hin, dass das Wahlergebnis der Partei besser sei, als das der sozialistischen PS. FN-Chefin Marine Le Pen begrüßte das Ergebnis ihrer Partei und erklärte diese zur "dritten politischen Kraft in Frankreich". Mélenchon zeigte sich "enttäuscht" von dem Ergebnis der Linksfront, erklärte aber, die Partei dürfe sich "nicht geschlagen geben".

Die endgültige Zusammensetzung der neuen Nationalversammlung mit ihren 577 Abgeordneten steht erst nach der zweiten Runde am kommenden Sonntag fest. Bei ihr wird in den Wahlkreisen noch einmal gewählt, in denen keiner der Kandidaten am Sonntag die absolute Mehrheit schaffte. Gewählt ist in der Stichwahl der Kandidat mit den meisten Stimmen.

Linke Macht
Sollte es wie erwartet eine neue Mehrheit in der Nationalversammlung geben, könnte die französische Linke nahezu ungehindert die Politik der zweitgrößten EU-Volkswirtschaft bestimmen. Es wäre zudem das erste Mal, dass in Frankreich eine linke Partei den Präsidenten stellt und zugleich die Mehrheit in beiden Parlamentskammern hat. Im Senat errangen die französischen Sozialisten mit Verbündeten schon im vergangenen Jahr die Macht.

Der bei der Präsidentenwahl am 6. Mai erfolgreiche Hollande will unter anderem eine umfassende Steuerreform einleiten, bei der Spitzenverdiener und Finanzinstitute deutlich stärker belastet werden sollen. Weitere Projekte sind die Einführung der Homo-Ehe und Änderungen an der Rentengesetzgebung. Das Pensionsalter für sehr früh ins Arbeitsleben gestartete Franzosen wurde bereits per Dekret wieder von 62 auf 60 Jahre gesenkt.

Aus Hollandes Regierungsteam traten in ihren Wahlkreisen neben Premierminister Ayrault und Außenminister Fabius 23 weitere Männer und Frauen an. Ayrault hatte angekündigt, dass Wahlverlierer ihren Platz im Kabinett abgeben müssen.