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Turnus without Return

Von Petra Tempfer

Das System der Ärzteausbildung krankt. 40 Prozent ihrer Arbeitszeit verbringen Turnusärzte mit arztfremden Tätigkeiten wie Büroarbeit.
© corbis/Luke Albert RM/cultura

Turnusärzte sind mit der aktuellen Ausbildungssituation ähnlich unzufrieden wie vor zwei Jahren.


Wien. Sie war nur befriedigend und ist es noch immer: Die Ausbildungssituation der Turnusärzte hat sich seit der vorigen Evaluierung von 2012 kaum verändert. Karlheinz Kornhäusl von der Österreichischen Ärztekammer sprach am Mittwoch bei der aktuellen Evaluierungspräsentation zwar von einer leichten Verbesserung - die Jungärzte hätten dieses Mal die Durchschnittsnote 2,72 vergeben, während sie im Jahr 2012 nur bei 2,79 lag. Noch immer bestehe aber massiver Verbesserungsbedarf.

Und damit auch Handlungsbedarf. Die Zeit drängt. Denn nur noch 60 Prozent der jährlich rund 1400 Absolventen eines Medizinstudiums bleiben in Österreich, um hier als Arzt zu arbeiten. Allein in Deutschland sind aktuell 3000 österreichische Ärzte tätig. Ein akuter Ärztemangel droht.

Geredet wird über eine Verbesserung der Ausbildungssituation für Turnusärzte schon lange. Ob sie die neue Ärzteausbildung, mit der ab Juni 2015 gestartet werden soll, tatsächlich mit sich bringen wird, wird sich weisen. Vorgesehen ist unter anderem eine verpflichtende neunmonatige Basisausbildung nach dem Medizinstudium. Erst danach kommt es zu einer Entscheidung, ob eine allgemeinärztliche oder fachärztliche Ausbildung angestrebt wird. Die Facharztausbildung an den Spitälern wird dann sechs Jahre dauern und die Ausbildung für Allgemeinmediziner um eine Lehrpraxis bei einem niedergelassenen Arzt verlängert. Markanter Schönheitsfehler dabei: Die Finanzierung der Lehrpraxis ist noch nicht gesichert.

Auch beim Thema Ärztearbeitszeit, die wesentlich zur Unattraktivität des Spitalsarzt-Berufes in Österreich beiträgt, kommt nun einiges in Bewegung. Ab nächstem Jahr soll die Arbeitszeit schrittweise von derzeit bis zu 72 Stunden pro Woche und 49 Stunden am Stück auf wöchentlich maximal 48 Stunden und 25 Stunden durchgehend reduziert werden, wie es den EU-Limits entspricht. Dieses Limits gilt zwar seit Jahren auch für Österreich, allerdings sind hierzulande zahlreiche Ausnahmen formuliert, die innerhalb der Ärzteschaft angewandt werden.

Entbürokratisierung des Arztberufes

All diese Veränderungen, die nun relativ zeitgleich ins Rollen kommen, bedeuten aber nur dann eine Verbesserung, wenn sich das System rund um den Medizinerberuf an sich grundlegend ändere, sagte Kornhäusl. Das wohl wesentlichste Problem sei, dass Turnusärzte nicht nur die Tätigkeiten ausüben, für die sie ausgebildet werden sollen: 40 Prozent ihrer Zeit nehmen Bürokratie und arztfremde Handgriffe wie Blutabnahmen oder Injektionen in Anspruch. Als Antwort darauf das Berufsbild des Pflegers zu erweitern und damit den Arzt zu entlasten, ist allerdings auch nicht im Sinne Kornhäusls. "Zuerst sollen Pfleger die Dinge tun, die ihrem aktuellen Berufsbild entsprechen, was derzeit auch nicht passiert. Für zusätzliche Kompetenzen sehe ich wenig Spielraum."

Primär seien die Krankenanstaltenträger gefordert. "Sie können dafür sorgen, dass sich die Rahmenbedingungen in ihren Häusern nachhaltig verbessern", sagte Kornhäusl. Dazu gehört freilich auch eine gewisse finanzielle Sicherheit für Turnusärzte. Derzeit verdienen sie etwa 2200 Euro brutto. Sobald die Reduktion der Arbeitszeit abgeschlossen ist, fallen damit - und das ist die Kehrseite der Medaille - auch die bezahlten Überstunden weg, weil Bereitschafts- und Rettungsdienste als vollwertige Arbeitszeit gerechnet werden. "Das Grundgehalt ist nicht adäquat", sagte dazu Kornhäusl, "Spitalerhalter und Länder sind dazu angehalten, nachzuziehen, um die Turnusärzte im Land zu halten."

Gute Durchschnittsnoten für Lehrpraxis

Was Turnusärzte bereits jetzt als eine Verbesserung ihrer Ausbildungssituation werten, ist die Einführung der verpflichtenden Lehrpraxis in einer Ordination für angehende Allgemeinmediziner. Im Zuge der Evaluierung vergaben sie dafür Durchschnittsnoten von 1,23 bis 1,76, was einem Sehr gut bis Gut entspricht.