Luxemburg. Es gibt ein Recht darauf, vergessen zu werden. In einem aufsehenerregenden Erkenntnis macht der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Google & Co für Links zu überholten persönlichen Daten verantwortlich. Die Suchmaschinen müssen Verweise aus den Ergebnissen entfernen, wenn damit Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Das trifft auf sensible persönliche Daten zu, die zeitlich und inhaltlich überholt sind. Beispiele dafür sind aufgehobene Konkurse oder länger zurückliegende Pfändungen und Zwangsversteigerungen. Beim Durchschnittsbürger gelten strengere Maßstäbe als bei Prominenten.
Die Pflicht zur Löschung von Links besteht auch dann, wenn die Informationen weiterhin auf Webseiten zur Verfügung stehen. Das Gericht berücksichtigt damit, dass das Löschen von Inhalten dort oft nicht durchsetzbar ist. Neben der verbreiteten Ignoranz von Unternehmen mit exotischen Firmensitzen steht meistens der finanzielle Aufwand eines internationalen Verfahrens der Durchsetzung von Ansprüchen im Wege.
Europäische Datenschutzrichtlinie
Background: Der Gerichtshof der Europäischen Union
Für die Luxemburger Richter sind Suchmaschinen Verarbeiter von personenbezogenen Daten. Mit der Eingabe eines Namens bei einer Suchmaschine, so EuGH, könne ein Nutzer "ein mehr oder weniger detailliertes Profil der gesuchten Personen erstellen". Die Ergebnisse seien daher nichts anderes als eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Damit fallen die Betreiber unter die EU-Datenschutzrichtlinie, was Google stets bestritten hat.
Der Konzern nennt das Urteil denn auch "enttäuschend" und bereitet sich auf eine Flut von Anträgen auf Löschung vor. Wo die Grenze zwischen Privatsphäre und öffentlichem Interesse verläuft, wird wohl in Musterprozessen geklärt. In Österreich versprach der Obmann der ARGE Daten, Hans Zeger, Musterschreiben zu entwickeln und Informationen zur Löschung unangenehmer Daten zu sammeln.
Die EU-Kommission sprach erwartungsgemäß von einer guten Nachricht. "Wer speichern kann, kann auch löschen", ist ein Motto der EU-Justizkommissarin Viviane Reding.
Unklar bleibt, ob das Urteil auch auf soziale Medien wie etwa Facebook oder LinkedIn anzuwenden ist, deren integrierte Suchfunktionen beinahe ausschließlich personenbezogene Informationen zutage fördern.