Am 5. Jänner, das ist der historische Faschingsbeginn, machen sich im Salzburger Pinzgau bei Einbruch der Dämmerung allerlei kostümierte Gestalten auf den Weg in Bauernstuben und Wirtshäuser. Voran schreitet der Hanswurst, gefolgt von den sogenannten Schiachperchten, die bei den Hausbewohnern und Wirtshausgästen unter heftigem Getöse ein wenig für Schaudern sorgen. Weitere Figuren der nächtlichen Prozession sind etwa die Habergeiß, der Krapfenschnapper oder die gefiederte Hühnerpercht, deren Aufgabe es am Ende des merkwürdigen Aufzuges sein wird, ein Ei in die Stube zu legen.

Höhepunkt des Treibens ist der Auftritt der Tresterer genannten Schönperchten. Kennzeichnend für die meisten Tresterergruppen sind die bunten Stoffe der Kostüme, die Hahnenfedernbekrönung sowie die Bänder, welche rundum die Köpfe der Tänzer bedecken. Der von ihnen aufgeführte Stampftanz ist zum Teil von Musik begleitet, zum Teil bringen sie mit ihrem einheitlichen Stampfen (dem Trestern) ganz allein den Rhythmus hervor. Akustisch am vorteilhaftesten sind dafür die Dielenböden alter Bauernhäuser.

Tresterer (Schönperchten) im Garten des Wiener Volkskundemuseums, 1930. - © Österreichisches Museum für Volkskunde
Tresterer (Schönperchten) im Garten des Wiener Volkskundemuseums, 1930. - © Österreichisches Museum für Volkskunde

Der Ursprung des Tresterns

Über den Ursprung des rein von Männern ausgeübten Tresterns können nur Mutmaßungen angestellt werden. Die Tresterer selbst, die im Pinzgau mittlerweile nur noch in den Orten Zell am See, Stuhlfelden, Unken und Bruck an der Glocknerstraße aktiv sind, sind überzeugt, dass sich ihr Name vom Austreten der Körner mit den Füßen beim Getreidedreschen herleite, wohingegen Volkskundler den Brauch unter anderem mit europäischen Kulturtransfers entlang alter Handelswege erklären.

Jedenfalls ist der Brauch des Tresterns, worauf man im Pinzgau mit Stolz hinweist, "uralt". Im 19. Jahrhundert, als die nationalen Gebräuche in ganz Europa en vogue wurden, gewannen auch die Aufführungsorte des Tresterns für Touristen an Attraktivität. Schließlich beschränkte sich das Trestern nicht mehr allein auf Bauernstuben und lokale Wirtshäuser. Auch urbanes Publikum wurde angesprochen, etwa in Salzburg Stadt oder in Wien, wie das hier abgebildete Foto aus dem Jahr 1930 beweist. In Weigls Dreherpark, einem seinerzeit beliebten Wiener Vergnügungs-Etablissement, wo in den 1930er Jahren Tresterer aufgetreten sein sollen, wurden sie sogar von Tänzergruppen aus Wien nachgeahmt. Ende der 1930er Jahre kam es durch NS-Aktivitäten zur ideologischen Vereinnahmung des Brauchs. Nach 1945 wurden die Tresterer zum fixen Bestandteil in der regionalen Identität der Pinzgauer.

Ein Spezifikum der Ausstellung bildet die Auseinandersetzung des Künstlers Thomas Hörl mit dem Trestern. Das Publikum ist eingeladen, im Museum auf einem Catwalk selber zu tanzen.

Print-Artikel erschienen am 5. Jänner 2017
in der Kolumne "Museumsstücke"
In: "Wiener Zeitung", Beilage "ProgrammPunkte", S. 7