
Rom/Wien. Verunglimpfung des Islam, Rehabilitation eines Holocaust-Leugners, Missbrauch Minderjähriger durch Priester und ein Intrigensumpf, der den Nachfolger Petri zu schlucken drohte: Das Pontifikat Papst Benedikts XVI. gilt schon jetzt als Zeit der Skandale. Zuletzt war es Paolo Gabriele, der Kammerdiener des Pontifex, der hinter dem Rücken des Oberhirten geheime Dokumente entwendet und den Heiligen Stuhl damit in ein mehr als schiefes Licht gerückt hatte. Dass der als eher schlichtes Gemüt beschriebene Gabriele ohne Anweisungen von ganz oben gehandelt hat, ist kaum denkbar.
Knapp zwei Jahre im Amt sorgte Benedikt XVI. 2006 mit der berühmten Regensburger Rede für Empörung in der islamischen Welt - und den ersten Skandal in seiner Papst-Karriere. Benedikt hielt damals einen Vortrag vor Wissenschaftern und zitierte eine Aussage des spätmittelalterlichen byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos zur Rolle der Gewalt im Islam. "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten", so die Passage im Wortlaut.
Die Papst-Lesung wurde von zahllosen Vertretern des Islam als "Hasspredigt" heftig kritisiert, während progressive Muslime betonten, dass sich der Papst in erster Linie gegen religiös motivierte Gewalt wenden wollte. Auch der Vatikan argumentierte so.
Zu einem massiveren Eklat kam es, als der Papst die Exkommunizierung von vier Bischöfen der ultrakonservativen Piusbruderschaft aufhob. Unter den Rehabilitierten war auch der Holocaust-Leugner Richard Williamson. Der Brite hatte in einem TV-Interview behauptet, dass es erdrückendes historisches Beweismaterial gebe, das gegen die Vergasung von sechs Millionen Juden während des Zweiten Weltkriegs spreche. Es seien vielleicht 200.000 bis 300.000 Juden in Konzentrationslagern umgekommen, aber kein Einziger von ihnen sei vergast worden, so der Bischof. Jüdische Organisationen, darunter auch der oberste Rabbiner von Rom, protestierten vehement. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Tochter eines evangelischen Pastors, forderte von ihrem Landsmann eine Entschuldigung - die in deutlicher Form nicht erfolgte.
Obskure Traditionen
Der Vatikan erklärte damals, es gehe nur darum, die Anhänger des französischen Erzbischofs Marcel Lefebvre in den Schoß der Kirche zurückzuholen. Die Rehabilitierung von Williamson bedeute nicht, dass man dessen Ansichten teile. Der ultrakonservative Lefebvre hatte in den 80er Jahren Bischöfe ohne den Segen des Papstes ernannt, er war aus der katholischen Kirche ausgeschlossen worden. Theologen führten zudem ins Treffen, dass die Leugnung des Holocaust laut Kirchenrecht nicht zur Exkommunikation führe.