Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen. Dieses alte chinesische Sprichwort fällt einem ein, wenn man nach Rom schaut. Der neue Papst Franziskus scheint gewillt, die römisch-katholische Kirche aufzurütteln, sie an ihren ursprünglichen Auftrag zu erinnern und dabei, wenn es ihm richtig erscheint, bisherige vatikanische Gepflogenheiten links oder rechts liegen zu lassen. Das Kerngebot für Christen ist, auch wenn sich das aus ihrem Verhalten nicht immer leicht erkennen lässt, die Gottes- und die Nächstenliebe, und genau daraus folgt die von Franziskus gepredigte Zuwendung zu den Armen. "Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan", betont Jesus von Nazareth, der nicht nur den einzelnen Christen, sondern der ganzen Gemeinschaft die Aufgabe stellt, sich besonders der Armen und Benachteiligten anzunehmen.

Dem Petrusnachfolger aus Lateinamerika ist die verbale kirchliche "Option für die Armen" seit Jahrzehnten durch die Versammlungen der dortigen Bischöfe vertraut, er will aber offensichtlich den Worten noch mehr Taten folgen lassen. Der Bischofskonferenz seines Heimatlandes Argentinien hat er soeben geschrieben, die Kirche müsse unter Armen und Ausgestoßenen missionieren, sie müsse in die Randgebiete menschlichen Daseins vordringen, um den Glauben zu verkünden und zu bezeugen. Wer in die Welt hinausgehe, könne zwar auch zum Opfer von Unfällen werden, aber eine "verletzte" Kirche sei ihm "tausendmal lieber als eine erkrankte", betonte Franziskus.

Wenn die Kirche nicht aus sich selbst herausgehe, so erkranke sie "früher oder später am Mief der Zimmer, in denen sie sich eingeschlossen hat", schrieb der Papst, der jüngst auch in einer Predigt mit einem Wortspiel (im Italienischen heißt Gott "Dio") hervorhob, dass Gott kein "Dio-Spray" sei, den man "überall ein bisschen" versprühe, "ohne dass man weiß, was es ist". Gott sei keine "nicht spürbare, nebulöse Essenz", sondern ein Vater, dem man lebendig begegnen könne.

In der Messe zum Geburtstag seines Vorgängers Benedikt XVI. hat Franziskus die Ideen des Zweiten Vatikanischen Konzils als nur "mangelhaft verwirklicht" bezeichnet und deutliche Kritik daran geäußert, wie mit dem Konzilsjubiläum (im Oktober 2012 war der Konzilsbeginn genau 50 Jahre her) umgegangen wird: "Wir feiern dieses Jubiläum, bauen dem Konzil ein Monument - aber eines, das nicht unbequem ist, das uns nicht stört." Unüberhörbar wies der Pontifex Tendenzen zu einer Rückkehr in die vorkonziliare Zeit zurück. Das bedeute, "dickköpfig zu sein" und "törichte und lahme Herzen zu bekommen", es zeuge von dem Willen, den Heiligen Geist zu zähmen.