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Keine Helden - zum Glück

Von Michael Schmölzer

Die Gründerväter der heutigen EU teilten die Vision vom geeinten Europa - zu ewigem Ruhm gelangten sie nicht.


Wien. "Unglücklich das Land, das Helden nötig hat", lässt Bert Brecht in seinem berühmten Theaterstück Galileo Galilei auf die Klage seines Schülers antworten, dass jenes Land unglücklich sei, das über keine Helden verfüge.

Die Vereinigung Europas hatte Helden in der Tat nicht nötig. Die Gründerväter der späteren EU glänzten nicht mit Schwert und Rüstung, sondern arbeiteten still und beharrlich an einem Friedensprojekt - eine Lehre aus den fürchterlichen Kriegen des 20. Jahrhunderts. Im allgemeinen Bewusstsein sind sie wenig bis nicht verankert. Ausnahme bildet der britische Premier Winston Churchill, doch der kam als streitbarer Hitler-Gegner zu Ruhm. Dass er danach zu den Pionieren der europäischen Einigung wurde, darf als so gut wie unbekannt vorausgesetzt werden.

Wer also waren die Gründerväter der Europäischen Union - Gründungsmütter wird man anno 1957, vergeblich suchen, wie die Fotos der Vertragsunterzeichnung eindrucksvoll belegen:

Da ist zunächst einmal Konrad Adenauer, erster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, der sich zwischen 1949 und 1963 der Aussöhnung mit Frankreich verschrieb. 1963 unterzeichneten die ehemaligen Erzfeinde einen Freundschaftsvertrag, der zu einem Meilenstein auf dem Weg zur europäischen Einigung wurde. Dass es der grimmige Winston Churchill war, der die Schaffung der "Vereinigten Staaten von Europa" forderte, wurde von der britischen Regierung erst kurz vor der Brexit-Abstimmung im letzten Sommer propagiert - doch auch das konnte das Blatt nicht mehr wenden.

Portrait: Robert Schuman
Portrait: Robert Schuman
© EC - Audiovisual Service

In Vergessenheit geraten ist der Niederländer Johan Willem Beyen, internationaler Bankier, Geschäftsmann und Politiker, der dem Prozess der europäischen Integration in der Mitte der 1950er Jahre mit seinem "Beyen-Plan" neues Leben einflößte. Kaum jemand kennt auch Paul-Henri Spaak, desen Name im Zusammenhang mit den Römischen Verträgen und deren 60. Jubiläum unbedingt genannt werden muss. Immerhin war der Belgier als Außenminister die führende Persönlichkeit bei der Ausarbeitung des Statuts. Er fungierte als Vorsitzender der Arbeitsgruppe, die die Bestimmungen formulierte.

Den Grundstein für eine gemeinsame europäische Agrarpolitik legte der Niederländer und NS-Widerstandskämpfer Sicco Mansholt. Nachdem der Landwirt die Schrecknisse des Hungerwinters am Ende des Zweiten Weltkriegs miterlebt hatte, war er davon überzeugt, dass Europa hier autark werden müsse.