Paris/Berlin/Brüssel. Nachdem sich Donald Trump wie Hillary Clinton im US-Präsidentschaftswahlkampf gegen TTIP ausgesprochen haben und der britische Handelsraum durch das Brexit-Votum wegbricht, rückt das Freihandelsabkommen auch auf europäischer Seite immer mehr ins Aus.
Acht Monate vor den Präsidentschaftswahlen in Frankreich fordert die Regierung nun von der EU-Kommission, die Verhandlungen im September zu stoppen. "Es gibt keine politische Unterstützung mehr in Frankreich für diese Verhandlungen", sagte der zuständige französische Außenhandelsstaatssekretär Matthias Fekl im Radiosender RMC.
Bereits seit Monaten wachsen die Zweifel im Land daran, dass der Vertrag zustande kommt. Präsident François Hollande hatte im Mai mit der Ablehnung des Abkommens gedroht. Sein Land werde "niemals akzeptieren, dass die Grundprinzipien für unsere Landwirtschaft, unsere Kultur, für die Gegenseitigkeit beim Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen infrage gestellt werden". Fekl erklärte damals, ein Stopp der Gespräche scheine "die wahrscheinlichste Option" zu sein.
Zudem ist der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron am Dienstag zurückgetreten. Der Jungstar (38) der französischen Regierung hat sich so nach einem Treffen mit Präsident François Hollande den Weg zur eigenen Präsidentschaftskandidatur freigespielt. Zum Nachfolger ernannte Hollande den Parteikollegen und Finanzminister Michel Sapin. Spätestens seit Macron im April seine eigene politische Bewegung "En marche!" ("Auf gehts!") gegründet hatte, war über den Rücktritt des parteilosen Ministers zugunsten einer Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2017 spekuliert worden. Im Juli verkündete er bereits, seine politische Bewegung "bis 2017 und bis zum Sieg" führen zu wollen, ohne eine Kandidatur offiziell zu bestätigen. Hollande hatte seinen Wirtschaftsberater Macron im August 2014 zum Minister gemacht. Die Ernennung des Ex-Investmentbankers galt als wichtiges Signal an die Wirtschaft, dass der sozialistische Staatschef seine Politik unternehmerfreundlicher gestalten will. Während Hollande laut Umfragen kaum noch Rückhalt in der Bevölkerung hat, kommt Macron bei vielen Franzosen gut an. Er bietet den Wählern erstmals eine Alternative neben Kandidaten der Konservativen, der Sozialisten und des Front National.
Verhandlungen "de facto gescheitert"
In Deutschland stehen ebenfalls 2017 Bundestagswahlen an. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete die TTIP-Verhandlungen als "de facto gescheitert" und verwies auf die harte Verhandlungslinie der USA: "Da bewegt sich nichts." Damit handelte sich Gabriel scharfe Kritik von Wirtschaftsverbänden und vom Koalitionspartner CDU ein.
Kanzlerin Angela Merkel ließ in Folge durch ihren Regierungssprecher ausrichten, dass es richtig sei, weiter zu verhandeln. Wirtschaftsverbände warfen dem Minister vor, das Abkommen aus parteitaktischen Gründen aufzugeben und forderten von Gabriel, sich als Wirtschaftsminister der Exportnation Deutschland, "ohne Wenn und Aber" für den Freihandel einzusetzen.
Die US-Regierung reagierte irritiert auf die Äußerungen Gabriels. Der Sprecher des US-Handelsbeauftragten Michael Froman sagte "Spiegel Online", die Verhandlungen machten "in Wahrheit ständig Fortschritte". Es liege in der Natur von Handelsgesprächen, dass nichts vereinbart sei, bis alles vereinbart sei. Auch die EU-Kommission steht weiter hinter TTIP.
Sigmar Gabriel hat in seiner Partei wenig Rückhalt für TTIP, am 19. September berät die SPD über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, Ceta, das Gabriel verteidigt und als Blaupause für weitere Freihandelsabkommen gilt.