Vatikanstadt. Der Vatikan hat Normen zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und Privatoffenbarungen vorgelegt. In einem auf der Internetseite der Glaubenskongregation veröffentlichten Dokument werden die Bischöfe laut Kathpress aufgefordert, Meldungen von übernatürlichen Phänomenen mit größter Sorgfalt zu überprüfen. Nach einer positiven Bewertung könnten die Diözesanverantwortlichen bestimmte Formen des Kultes oder der Verehrung fördern - wie es die Kirche etwa in Lourdes, Fatima oder Guadalupe getan habe.

Allerdings hätten Bischöfe die Pflicht, Missbräuche in Kult und Verehrung zu korrigieren oder zu verhindern, Irrlehren zu verurteilen und einen falschen oder unangebrachten Mystizismus zurückzuweisen. In Zweifelsfällen sollte sich die zuständige kirchliche Autorität "jedes Urteils und jedes direkten Eingriffs enthalten". Die "Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und Offenbarungen" waren bereits 1978 verabschiedet worden. Sie wurden jedoch nur den Bischöfen vertraulich zugeleitet.

"Neue Akzente" durch Privatoffenbarungen
Privatoffenbarungen könnten nie die endgültige Offenbarung Christi ergänzen oder modifizieren, betonte Kardinal-Präfekt William Levada in dem nun veröffentlichten Schreiben. Aber sie könnten "neue Akzente setzen, neue Weisen der Frömmigkeit herausstellen oder alte vertiefen". Daher sollten sie nicht achtlos beiseite geschoben werden.


Links
Normen zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen
wienerzeitung.at ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten.

Als "negatives Kriterium" für die Bewertung mutmaßlich übernatürlicher Ereignisse bezeichnen die vatikanischen Normen offensichtliches Gewinnstreben, psychische Erkrankungen oder psychopathische Tendenzen der entsprechenden Person sowie Massenhysterien. Gegen eine Echtheit sprächen zudem "lehrmäßige Irrtümer", die Gott oder der Gottesmutter Maria zugeschrieben würden. Das gleiche gelte für "schwer unmoralische Handlungen", die von der betreffenden Person oder ihren Anhängern begangen wurden. Argumente für die positive Beurteilung solcher Phänomene seien die Entfaltung eines regen Gebetslebens, Bekehrungen oder Zeugnisse der Nächstenliebe. (Artikel vom Mai 2012.)