Hochphasen einer Partei müssen nicht immer mit Eigenleistungen zu tun haben. Für die Grünen ist die Korruptionsbekämpfung neues Thema Nummer 1. Das eigentliche Signalthema Umwelt kommt nur pro forma vor. Beim Wahlkampfauftakt traten neben Parteichefin Eva Glawischnig noch Finanzexperte Werner Kogler und der Kärntner Parteichef Rolf Holub auf. Gehuldigt wurde zudem den "Aufdeckern" Gabriela Moser und Peter Pilz. Der Name der Umweltsprecherin - Christiane Brunner - fiel kein einziges Mal.
Wonns laft, donn lafts

Die neue thematische Engführung mag manchem Kernwähler missfallen, um den grünen Wählerpool zu erweitern, war die Strategie überfällig. Die Leistung der grünen Korruptionsbekämpfer war in den vergangenen Jahren beachtlich. Das gilt für einige U-Ausschüsse und die Verortung diverser Kärntner Sumpfgebiete. Im Frühjahr wurde das Thema zum Selbstläufer. In Salzburg, wo man anders als in Kärnten von den Grünen jahrelang nichts gehört hatte, sahnte man erst richtig ab. Siegerin Astrid Rössler hätte am Wahlabend auf die Frage nach den Gründen des Triumphs ehrlicherweise Rudi Nierlich zitieren müssen: "Wonns laft, donn lafts!"
Vier Wochen vor dem Wahltag nutzt die Partei eine thematische Erfolgswelle, ohne Entscheidendes beizutragen. Mit den "News"-Enthüllungen zu Zahlungsflüssen an ÖVP- und SPÖ-nahe Agenturen erreicht das Agenda Surfing von Glawischnig und Co. neue Höhen. Der in den nächsten Tagen wieder anlaufende Telekom-Prozess wird das Kernthema der Grünen weiter befeuern. Thematische Aufklärungsarbeit ist für die Grünen gar nicht mehr nötig. Man beschränkt sich auf das hochprofessionelle Kanalisieren der negativen Emotionen des Publikums. Von angriffigen Plakaten über Kinospots bis zur Part-of-the-Game-App gelingt derzeit vieles. Auf einem Plakat steht: "Weniger belämmert als die anderen." Das mag auf den ersten Blick befremdlich wirken, holt aber gar nicht wenige in ihrem Politikerfrust ab. Bislang schaffte man es als Oppositionspartei kaum, sich als Protestprofiteur zu etablieren. Diesmal könnten die Grünen zumindest einen Teil der Früchte des Zorns ernten.
Publikumsbeschimpfung
Der Zorn dominiert auch die Kampagne von Frank Stronach. Und er hat etwas Selbstzerstörerisches. Sein erstes TV-Duell mit einem Politiker (Josef Bucher, BZÖ) deutete das jedenfalls an. Schrille Auftritte war man von Stronach ja schon gewohnt, Verunglimpfungen von Journalisten auch. Stronachs Schmähung der Kontrahenten ist neu. Aber auch das mag einem Teil der Wählerschaft noch gefallen, solange er sich auf Berufspolitiker beschränkt.
Stronach aber geht viel weiter. Er beschimpft mittlerweile indirekt seine potenzielle Wählerschaft. Schon im Interview mit der "Wiener Zeitung" (23.8.2013) hatte er die krause These vertreten, dass wer mehr verdient, jedenfalls auch klüger ist. Blickt man auf die soziodemografische Zusammensetzung seiner Anhänger, kann Stronachs Einschätzung zu einem Bumerang an der Wahlurne werden. Im TV-Duell lief es ähnlich. In unnachahmlicher Arroganz attestierte er Bucher, "nur" als Koch oder Kellner zu taugen, aber nicht als Manager oder Parlamentarier. Vier Duelle und zwei Konfrontationen stehen dem Austrokanadier noch ins Haus. Nach dem ersten Auftritt stellt sich nur eine Frage: Wer schützt Stronach vor sich selbst?