Das im Bundes-Verfassungsgesetz verfassungsrechtlich verankerte Prinzip der Gewaltentrennung ist eine wesentliche Sicherung von Demokratie und Rechtsstaat. Es bedeutet eine vollständige Trennung von Verwaltung und Rechtsprechung in allen Instanzen und sichert die klare Abgrenzung zwischen Gesetzgebung und Vollziehung.

Die Legislative ist Aufgabe des Parlaments (Nationalrat und Bundesrat auf Bundesebene, Landtage auf Länderebene). Die Verfassung erlaubt hier Ausnahmen nur in engstem Rahmen: Der Bundespräsident kann bei außergewöhnlichen Verhältnissen gesetzändernde Verordnungen erlassen. Doch braucht es dazu einen Vorschlag der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats, und die Verordnung ist unverzüglich dem Nationalrat vorzulegen, der sie bestätigt oder verwirft. Verfassungsrecht oder Sozialrecht sind einer solchen Vorgangsweise überhaupt entzogen.

Aufklärer Charles-Louis de Secondat de Montesquieu. - © getty/Smith Collection/Gado
Aufklärer Charles-Louis de Secondat de Montesquieu. - © getty/Smith Collection/Gado

Wenige Rechte gegenüber dem Parlament

Die Verfassung der EU stellt insoweit eine Ausnahme dar, als hier die Gesetzgebung nicht beim Parlament (allein), sondern auch bei Verwaltungsorganen, nämlich der Kommission und dem Rat liegt. Die Exekutive, also die Gesetzesvollziehung, ist Aufgabe der Bundesminister, der Bundesregierung, des Bundespräsidenten, der Landesregierungen, der Gemeindeorgane und aller anderen Verwaltungsstellen. Sie alle sind durch das Legalitätsprinzip strikt an das Gesetz gebunden, brauchen also für alle ihre Akte eine klare gesetzliche Basis. Ihr Handeln und dessen Übereinstimmung mit dem Gesetz wird durch Verwaltungsgerichte und Verfassungsgerichtshof und das Parlament kontrolliert.

Die Verfassung billigt hier der Vollziehung wenige Rechte gegenüber dem Parlament zu: Der Bundespräsident kann den Nationalrat auflösen, und die Regierung hat das Recht, Gesetzesinitiativen einzubringen. Viel stärker sind Möglichkeiten des Parlaments, auf die Vollziehung Einfluss zu nehmen. Es gibt das Interpellationsrecht, in dessen Rahmen sogar eine Minderheit Anfragen an Regierung oder Minister richten kann, das Resolutionsrecht und die Institution des Untersuchungsausschusses. Das Parlament wirkt an Staatsverträgen mit, beeinflusst das Handeln der Regierung in der EU, hat weitreichende Rechte im Zusammenhang mit Budget, seinem Vollzug und der Rechnungslegung, und ist in Einzelfällen bei der Erlassung von Verordnungen einzubinden.

Verfassung

Die Judikative, also die Rechtsprechung, ist ausschließliche Aufgabe der Gerichte. Ihnen ist die Entscheidung über Zivil- und Strafsachen vorbehalten, sie sind weisungsfrei und unabhängig. Allerdings werden einige Funktionäre der Gerichte auf Vorschlag der Regierung vom Bundespräsidenten bestellt - wobei die Regierung wiederum teilweise an Vorschläge des Parlaments oder des jeweiligen Gerichtshofs gebunden ist. Heikel ist das Verhältnis des Justizministers zur Gerichtsbarkeit und die Rollenverteilung zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei. Hierzu gibt es immer wieder an konkreten Fällen aufflammende Reformdiskussionen.

Bestimmte Funktionen nicht gleichzeitig ausübbar

Diese Gewaltentrennung bedeutet schließlich auch, dass Menschen bestimmte Funktionen nicht gleichzeitig ausüben dürfen: Richter dürfen nicht als Bundespräsident, Bundesminister oder Parlamentarier arbeiten; Verfassungsrichter nicht gleichzeitig als Verwaltungsbeamte. Mitglieder der Bundes- und Landesregierung oder des Europäischen Parlaments sowie Angestellte oder sonstige Funktionäre einer politischen Partei dürfen nicht Verfassungsrichter werden. Minister dürfen keinen Beruf ausüben. Ministeramt und Abgeordnetenfunktion sind allerdings kompatibel.

In der Verfassungsrealität gibt es allerdings mannigfaltige Verbindungen insbesondere zwischen Regierung und Parlament. Der Bundeskanzler ist üblicherweise Vorsitzender der stärksten Parlamentspartei. Er bestimmt wesentlich mit, wie sich "sein" Parlamentsklub verhält. Abstimmungsmehrheiten werden in Regierungsverhandlungen gesichert und über den sogenannten Klubzwang umgesetzt. Damit kommt der Regierung und dem Bundeskanzler de facto eine wesentlich stärkere Rolle zu, als aus dem Verfassungstext ersichtlich ist.

Der erste Entwurf, auf dem das staatspolitische Modell der Gewaltentrennung beruht, lässt sich bis zu Aristoteles und damit dem antiken Griechenland zurückverfolgen. Ihren neuzeitlichen Ursprung hat die Gewaltentrennung in der Aufklärung und den Schriften John Lockes und Charles-Louis de Secondat de Montesquieus. Locke (geb. 1632 in England) trat für die konstitutionelle Monarchie ein. Montesquieu (geb. 1689 in Frankreich) war fasziniert und entwickelte die Dreiteilung in Legislative, Exekutive, Judikative.