Am Sonntag, 21. Juli, nachts, ist es 50 Jahre her, dass die Amerikaner mit Apollo 11 den Wettlauf der bemannten Mondfahrt gewonnen haben und Neil Armstrong die ersten Fußabdrücke auf dem Erdtrabanten hinterließ. Seine Worte, übertragen am Fernsehgerät, trieben schon damals Künstlerin Kiki Kogelnik während ihres "Moonhappenings" in der Wiener Galerie nächst St. Stephan zur Kunstproduktion vor Publikum an. Sie dauerte ebenso lang wie die Übertragung im ORF: 11 Stunden. Die Kunstmeile Krems widmet dem Jubiläum nun eine ergänzende Sicht durch die Kunst, Zeitzeugen sind aber auch ein Sputnik-Modell, ein Meteorit und in einem nachgebauten Wohnzimmer von 1969 die signierten Fanfotos der Nasa-Astronauten.
Fußabdruck und Lunamat
Neben Kunstwerken mit Schwerpunkt auf die aktuelle Kunstszene in Wien ist in den Katalog auch das Karikaturmuseum mit seiner Schau "Wettlauf zum Mond!" integriert, wobei die wichtigsten Science-Fiction-Filme in der zentralen Halle überleiten zu den Perry-Rhodan-Comics, aber auch Karikaturen zum Thema. Gerne hätte Kurator Andreas Hoffer die Schau mit der wichtigen musikalischen Begleitung beschallt, da dies aber zu teuer wäre, führt eine Playlist mit QR-Codes von 1950er-Hits über David Bowie zum titelgebenden "Ticket to the Moon" des Electric Light Orchestra von 1981. Die männliche Eroberungstaktik im Kalten Krieg konterkariert neben androgynem Major Tom ohnehin die russische Realität mit Hündin Laika (Originalfoto aus der Sammlung Peter Coelns) und der lächelnden Kosmonautin Walentina Tereschkowa auf Heldenehrungsfoto mit Gagarin, doch künstlerisch gebrochen wird der weiße Macho-Fortschrittsdrang durch Aleksandra Mirs Video "First Woman on the Moon", das 1999 an der niederländischen Küste entstand.
Nicole Six & Paul Petritsch übertrugen 2014 die Fußabdrücke und Wege der Astronauten im "Meer der Stille" als Land-Art auf die Erdoberfläche in eine Wiese, ein Text zum Foto erklärt, wo die Mondlandefähre Eagle und wo die Flagge standen, die Entfernungen werden um die Kunsthalle vermessend zum Nachvollzug angegeben. Zeitlich am Beginn stehen die Werke von Hans Bischoffshausen, der 1961 die "Rückseite des Mondes" im Weiß seiner Leinwand suchte, sowie Robert Indianas Pop-Gemälde "Der Mond - Die Braunschaft" von 1969, das kritisch auf die Zusammenarbeit der Nasa mit dem nationalsozialistischen Raketenbauer Wernher von Braun reflektiert. Aus Robert Rauschenbergs Mondlithos, die von der Nasa zur Apollo-11-Mission in Auftrag gegeben wurden, konnte das Blatt "Air Pocket" (1970) geliehen werden. Der große Rest sind zeitgenössische Reflexionen, etwa von Herbert Brandl, dessen gemalter Astronaut das Plakat von 1969 zitiert - Buzz Aldrin, von Armstrong am Mond fotografiert -, das er in seinem Jugendzimmer erstmals abzeichnete.
Künstler gedenken auch der Toten, die das technische Wagnis forderte, Wernher von Brauns 20.000 Häftlinge für die V2 sind das größte Opfer, doch weder Russen noch Amerikaner schafften das Unterfangen ohne Katastrophen. Durch das kleine Aluminiumkunstwerk von Paul Van Hoeydonck 1971, das mit der Besatzung von Apollo 15 auf den Mond gekommen ist, kam auch die Gedenktafel an acht amerikanische Astronauten und sechs sowjetische Kosmonauten in den Mondstaub. Dieser regte Wendelin Pressl zu fantastischen Lunamaten an, in denen man weiß Gott was zu Mondstaub deutet, und auch Ralo Mayer, Sonia Leimer und Agnes Fuchs setzen sich kritisch mit der Technikgläubigkeit auseinander. Natürlich sind auch die Verschwörungstheorien integriert, alle vermeintlichen Originalaufnahmen der Nasa stammten von Filmer Stanley Kubrick. Sie stammen von Bill Kaysing 1976, wobei sich immer neu geschürte Thesen anschließen und sie kommen in der Malerei von Thomas Riess und den bestickten Tapisserien von Nives Widauer als "Fake News" zur Sprache. Grafisch nähern sich Andres Werner und Florian Raditsch, aber auch Dona Jalufka, subtil wie ironisch verschiedenen Oberflächen von Raketen und Körpern an. Die Künstlergruppe Mahony suchte eine Schlucht des Romantikers Caspar David Friedrich auf und da kein Mondlicht sie erhellte, hängten sie 2006 den Lampion "Schäbiger Mond" als Ersatz in ihren Leuchtkasten. Eine sichelmondförmige Lampe von Leonid Tishkov kann vom Publikum geliehen werden, damit die Gemeinschaft im Mondunterfangen über die Kunstmeile hinausreicht.
Melody Owen hat als Artist in Residence alte wissenschaftliche Mondbücher zu hochästhetischen Collagen kombiniert, Sebastian Speckmann wirft den Mond in eine Bratpfanne und ganz verquer kommt Sheriff Parsifal, alias Jonathan Meese, zu seinem Mondticket mit der Drohung auch Mondideologien aufzufressen. "Dr. Erzmond" ist jedenfalls ein Kunstmond in der Mondbasis Krems.